Mobilfunker wollen in armen Ländern wachsen
FTD - Informationstechnologie, S. 5
Mobilfunker wollen in armen Ländern wachsen
Von Oliver Wihofszki, Hamburg
18.05.2005
Netzbetreibern winken hohe Gewinne mit kostengünstigen Geräten · Ausrüster bieten abgespeckte Technik · Handys ersetzen fehlendes Festnetz
Die Mobilfunkbranche rüstet sich für das stark wachsende Geschäft in Entwicklungsländern. Mit günstigen Produkten und angepassten Geschäftsmodellen versuchen Handyhersteller, Netzbetreiber und Anbieter von Mobilfunkinfrastruktur, auch in den ärmsten Ländern Lateinamerikas, Asiens und Afrikas Fuß zu fassen. Konzerne wie Ericsson, Nokia, Motorola oder Siemens werden angelockt von hohen Wachstumsraten und dem Ausblick auf über eine Milliarde neue Mobilfunkkunden. "Um die momentane Kundenzahl auf drei Milliarden zu verdoppeln, müssen Handyhersteller und Mobilfunker in Entwicklungsländer gehen", schreibt die Marktforschungsfirma Forrester in einer Studie.
Grund für die zuversichtlichen Prognosen für den Mobilfunk in den so genannten Emerging Markets ist die Tatsache, dass es in den meisten Regionen dieser Ländern überhaupt kein Telekommunikationsnetz gibt. Ein Basis-Mobilfunk für Sprache und SMS bietet die Chance, das fehlende Festnetz zu ersetzen.
"Mobilfunk ist für Entwicklungsländer billiger und kann schneller aufgebaut werden. Das läuft sehr erfolgreich", sagt Analyst John David Kim von der Marktforschungsfirma Ovum.
Wichtigster Knackpunkt für ein erfolgreiches Geschäft in Entwicklungsländern ist in allen Segmenten des Mobilfunks der Preis. Vom Netzaufbau über das Handy bis zu den Gesprächsgebühren muss alles wesentlich günstiger sein als in Industrienationen oder Schwellenländern. Die Kosten müssen aber nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Unternehmen sinken, sonst ist ein profitables Geschäft nicht möglich.
Die Telekombranche ist gerade dabei diese Vorgabe umzusetzen: "Anbieter senken die Kosten für Netzwerkinfrastruktur. Handykonzerne bauen ,dumme Telefone', die nur für Sprachtelefonie benutzt werden können", schreibt die Beratungsfirma Ovum in einer Studie. Netzbetreiber hätten zudem Möglichkeiten geschaffen, Gesprächsguthaben mit Kleinstbeträgen aufzuladen, um den Bedürfnissen von Nutzern gerecht zu werden, die nur über wenig Bargeld verfügen, heißt es weiter.
Netzbetreiber wie Celtel, das in 13 afrikanischen Ländern wie Burkina Faso, Uganda, Sierra Leone oder Sudan Geschäfte macht, bietet Kunden beispielsweise an, ihre Handys über Rubbelkarten mit einem Guthaben von umgerechnet nur 1 $ aufzuladen. Im Gegensatz zum Geschäft in Industrienationen dominieren bei Celtel nicht die Vertragskunden, die eine monatliche Grundgebühr zahlen, sondern Karten-Kunden, die ihr Handy nach Bedarf mit kleinsten Guthaben füllen.
Eine weitere Besonderheit des Geschäfts in Entwicklungsländern ist die Tatsache, dass ein Handy meist von mehreren Menschen genutzt wird. Während in Industrienationen viele Kunden bereits mehrere Mobiltelefone nutzen, teilen sich in Entwicklungsländern oft ganze Familien, Firmen oder Dörfer ein Gerät. Das macht wegen der vielen potenziellen Telefonkunden das Geschäft für Netzbetreiber trotz einer sehr geringen Marktdurchdringung mit Handys interessant.
Dass unter diesen Voraussetzungen in Entwicklungsländern tatsächlich Gewinn gemacht werden kann, zeigt Celtel. Die aktuellsten Zahlen des Konzerns stammen von 2003. Damals wurde bei 381 Mio. $ Umsatz ein Gewinn von 74 Mio. $ eingefahren. Die Performance erschien dem kuwaitischen Konzern MTC so verlockend, dass er im März 3,32 Mrd. $ ausgab, um Celtel zu kaufen.
Der Kampf um die besten Positionen in den Entwicklungsländern hat also längst begonnen. So arbeiten Handykonzerne wie Motorola oder Nokia daran, Billighandys für unter 40 $ pro Stück als Massenware herzustellen.
Auch Infrastrukturanbieter wie Alcatel, Ericsson, Motorola, Nokia oder Siemens haben das Geschäft entdeckt und versuchen, mit technisch abgespeckten Mobilfunknetzen Kunden in Entwicklungsländern zu gewinnen. Sie bieten spezielle Produkte an, die mit weniger Antennen größere Gebiete mit einem Basisnetz abdecken können.
Um in den armen Ländern ins Geschäft zu kommen, werden zudem immer häufiger so genannte Lieferantenkredite gewährt. Die Netzausrüster übernehmen nicht nur die Rolle des Technologielieferanten, sondern auch die des Finanzpartners. Dabei gibt es immer wieder besondere Hürden zu bewältigen: So werden wegen der schlechten Stromversorgung viele Mobilfunkantennen über Generatoren versorgt - und die Treibstoffvorräte für die Generatoren müssen in vielen Regionen rund um die Uhr bewacht werden.
Nachricht von Marianne Kirst
--------
Zu: Mobilfunk in armen Ländern
Ein tolles Beispiel für die "wirtschaftlichen Überlegungen" der Betreiber-Strategen in den ärmsten der armen Länder, die bekanntermaßen von uns "Reichen" ausgehalten werden, mit durchaus kräftigen Margen abzukassieren.Besonders auffallend ist die Aussage zur Technik .... weniger Masten .... unkompliziertere Endgeräte..; mit anderen Worten, es geht auch mit "Primitivtechnik", die wahrscheinlich obendrauf u.U. noch weniger gesundheitsschädlich ist.
Bei mehr Elektrosmog auf dem Land ... fällt mir nur ein: Die höhere Exposition erfolgt, wie auch beschrieben, durch das Handy als Endgerät.
Feststellung: Wer sich der Strahlung und wie lange er sich aussetzen will, kann bei der Nutzung des Endgerätes jeder individuell bestimmen. Die fremdbestimmte, in der Regel 24-stündige Exposition durch die Antennenmasten wird hierbei nicht gebührend berücksichtigt und erhellend erwähnt.
Kommentar von Dr. Erich Braun
Mobilfunker wollen in armen Ländern wachsen
Von Oliver Wihofszki, Hamburg
18.05.2005
Netzbetreibern winken hohe Gewinne mit kostengünstigen Geräten · Ausrüster bieten abgespeckte Technik · Handys ersetzen fehlendes Festnetz
Die Mobilfunkbranche rüstet sich für das stark wachsende Geschäft in Entwicklungsländern. Mit günstigen Produkten und angepassten Geschäftsmodellen versuchen Handyhersteller, Netzbetreiber und Anbieter von Mobilfunkinfrastruktur, auch in den ärmsten Ländern Lateinamerikas, Asiens und Afrikas Fuß zu fassen. Konzerne wie Ericsson, Nokia, Motorola oder Siemens werden angelockt von hohen Wachstumsraten und dem Ausblick auf über eine Milliarde neue Mobilfunkkunden. "Um die momentane Kundenzahl auf drei Milliarden zu verdoppeln, müssen Handyhersteller und Mobilfunker in Entwicklungsländer gehen", schreibt die Marktforschungsfirma Forrester in einer Studie.
Grund für die zuversichtlichen Prognosen für den Mobilfunk in den so genannten Emerging Markets ist die Tatsache, dass es in den meisten Regionen dieser Ländern überhaupt kein Telekommunikationsnetz gibt. Ein Basis-Mobilfunk für Sprache und SMS bietet die Chance, das fehlende Festnetz zu ersetzen.
"Mobilfunk ist für Entwicklungsländer billiger und kann schneller aufgebaut werden. Das läuft sehr erfolgreich", sagt Analyst John David Kim von der Marktforschungsfirma Ovum.
Wichtigster Knackpunkt für ein erfolgreiches Geschäft in Entwicklungsländern ist in allen Segmenten des Mobilfunks der Preis. Vom Netzaufbau über das Handy bis zu den Gesprächsgebühren muss alles wesentlich günstiger sein als in Industrienationen oder Schwellenländern. Die Kosten müssen aber nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Unternehmen sinken, sonst ist ein profitables Geschäft nicht möglich.
Die Telekombranche ist gerade dabei diese Vorgabe umzusetzen: "Anbieter senken die Kosten für Netzwerkinfrastruktur. Handykonzerne bauen ,dumme Telefone', die nur für Sprachtelefonie benutzt werden können", schreibt die Beratungsfirma Ovum in einer Studie. Netzbetreiber hätten zudem Möglichkeiten geschaffen, Gesprächsguthaben mit Kleinstbeträgen aufzuladen, um den Bedürfnissen von Nutzern gerecht zu werden, die nur über wenig Bargeld verfügen, heißt es weiter.
Netzbetreiber wie Celtel, das in 13 afrikanischen Ländern wie Burkina Faso, Uganda, Sierra Leone oder Sudan Geschäfte macht, bietet Kunden beispielsweise an, ihre Handys über Rubbelkarten mit einem Guthaben von umgerechnet nur 1 $ aufzuladen. Im Gegensatz zum Geschäft in Industrienationen dominieren bei Celtel nicht die Vertragskunden, die eine monatliche Grundgebühr zahlen, sondern Karten-Kunden, die ihr Handy nach Bedarf mit kleinsten Guthaben füllen.
Eine weitere Besonderheit des Geschäfts in Entwicklungsländern ist die Tatsache, dass ein Handy meist von mehreren Menschen genutzt wird. Während in Industrienationen viele Kunden bereits mehrere Mobiltelefone nutzen, teilen sich in Entwicklungsländern oft ganze Familien, Firmen oder Dörfer ein Gerät. Das macht wegen der vielen potenziellen Telefonkunden das Geschäft für Netzbetreiber trotz einer sehr geringen Marktdurchdringung mit Handys interessant.
Dass unter diesen Voraussetzungen in Entwicklungsländern tatsächlich Gewinn gemacht werden kann, zeigt Celtel. Die aktuellsten Zahlen des Konzerns stammen von 2003. Damals wurde bei 381 Mio. $ Umsatz ein Gewinn von 74 Mio. $ eingefahren. Die Performance erschien dem kuwaitischen Konzern MTC so verlockend, dass er im März 3,32 Mrd. $ ausgab, um Celtel zu kaufen.
Der Kampf um die besten Positionen in den Entwicklungsländern hat also längst begonnen. So arbeiten Handykonzerne wie Motorola oder Nokia daran, Billighandys für unter 40 $ pro Stück als Massenware herzustellen.
Auch Infrastrukturanbieter wie Alcatel, Ericsson, Motorola, Nokia oder Siemens haben das Geschäft entdeckt und versuchen, mit technisch abgespeckten Mobilfunknetzen Kunden in Entwicklungsländern zu gewinnen. Sie bieten spezielle Produkte an, die mit weniger Antennen größere Gebiete mit einem Basisnetz abdecken können.
Um in den armen Ländern ins Geschäft zu kommen, werden zudem immer häufiger so genannte Lieferantenkredite gewährt. Die Netzausrüster übernehmen nicht nur die Rolle des Technologielieferanten, sondern auch die des Finanzpartners. Dabei gibt es immer wieder besondere Hürden zu bewältigen: So werden wegen der schlechten Stromversorgung viele Mobilfunkantennen über Generatoren versorgt - und die Treibstoffvorräte für die Generatoren müssen in vielen Regionen rund um die Uhr bewacht werden.
Nachricht von Marianne Kirst
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Zu: Mobilfunk in armen Ländern
Ein tolles Beispiel für die "wirtschaftlichen Überlegungen" der Betreiber-Strategen in den ärmsten der armen Länder, die bekanntermaßen von uns "Reichen" ausgehalten werden, mit durchaus kräftigen Margen abzukassieren.Besonders auffallend ist die Aussage zur Technik .... weniger Masten .... unkompliziertere Endgeräte..; mit anderen Worten, es geht auch mit "Primitivtechnik", die wahrscheinlich obendrauf u.U. noch weniger gesundheitsschädlich ist.
Bei mehr Elektrosmog auf dem Land ... fällt mir nur ein: Die höhere Exposition erfolgt, wie auch beschrieben, durch das Handy als Endgerät.
Feststellung: Wer sich der Strahlung und wie lange er sich aussetzen will, kann bei der Nutzung des Endgerätes jeder individuell bestimmen. Die fremdbestimmte, in der Regel 24-stündige Exposition durch die Antennenmasten wird hierbei nicht gebührend berücksichtigt und erhellend erwähnt.
Kommentar von Dr. Erich Braun
Starmail - 19. Mai, 17:37