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Mrz
2005

Machtkampf in der Erlöserkirche

Sonnabend, 26. März 2005

Norderstedt

Machtkampf in der Erlöserkirche

Henstedt-Ulzburg: Vorsitzende des Kirchenvorstandes zurückgetreten. Pastor Reimann räumt Fehler ein.

Von Jörg Malitzki

Henstedt-Ulzburg - Christen in aller Welt begehen in diesen Tagen ihren höchsten Feiertag, doch die evangelische Kirchengemeinde in Henstedt-Ulzburg kommt selbst Ostern nicht zur Ruhe.

Rund sechs Monate nach Beginn der Affäre um die Mobilfunkantenne im Turm der Erlöserkirche ist in der Gemeinde offenbar ein Machtkampf entbrannt: Annemarie Winter, die Vorsitzende des 15köpfigen Kirchenvorstandes, ist von ihrem Amt zurückgetreten. Pastor Lars Reimann hat im Rahmen eines Gottesdienstes erstmals eingeräumt, Fehler gemacht zu haben, und hat sich wenig später in einen sechswöchigen Erholungsurlaub verabschiedet. Und schließlich haben die Pfarrbezirke Henstedt und Ulzburg unter Führung ihrer einflussreichen Vorsitzenden Wolfgang Keuffel und Peter Fleck am Kirchenvorstand vorbei und gegen den Wunsch der Mehrheit der Kirchgänger beschlossen, den Gemeindebrief abzuschaffen.

Überraschend kam der Rücktritt Annemarie Winters nicht. Bereits seit Wochen hatten viele Henstedt-Ulzburger darüber spekuliert, wie lange sich die Frau an der Spitze des Kirchenvorstandes würde halten können. Winter hatte das Amt erst vor gut zwei Jahren übernommen und musste die Krise managen, in die die Kirchengemeinde geraten war, als im Spätsommer 2004 bekannt wurde, dass der Kirchenvorstand im April 2000 heimlich einen Vertrag mit dem Mobilfunkbetreiber Viag Interkom (heute O2) geschlossen hatte, damit dieser gegen Zahlung von 8000 Mark jährlich und einer einmaligen Summe von 30 000 Mark eine Antenne im Turm der Erlöserkirche installieren und 20 Jahre lang betreiben darf.

Der Vertrag trägt die Unterschriften des damaligen Vorstandsvorsitzenden Keuffel und die von Pastor Reimann. Ausbaden aber musste das Problem vor allem Annemarie Winter, die seinerzeit noch nicht einmal Mitglied im Kirchenvorstand war. Unterstützung von jenen Männern, die für die Entscheidungen verantwortlich waren, erfuhr sie kaum. So hatte sie beispielsweise im Herbst einen Termin für eine öffentliche Diskussion angesetzt, um Befürworter und Kritiker der Antenne an einen Tisch zu holen. Auf Druck ihrer Vorstandskollegen fand das Treffen, das Alex Janke, der Sprecher der um ihre Gesundheit besorgten Anwohner, im Nachhinein als wenig erhellend befand, aber hinter verschlossenen Türen statt. Janke war es auch, der im November 2004 als erster öffentlich den Rücktritt Winters gefordert hatte, und zwar mit der Begründung, sie sei eine Marionette von Pastor Reimann.

Winter wollte sich gegenüber der Norderstedter Zeitung nicht über ihre Motive, ihr Amt abzugeben, äußern. Spekulationen, Keuffel und Reimann hätten sie zu diesem Schritt gedrängt, weil sie einen Sündenbock suchten, wollte sie ebenfalls weder bestätigen noch dementieren: "Dazu möchte ich nichts sagen. Ich will nur, dass jetzt endlich Ruhe einkehrt." Auch Wolfgang Keuffel, selbst schon seit fast 30 Jahren im Kirchenvorstand, gibt sich wortkarg: "Das ist doch ganz normal, dass jemand sein Amt nach einer gewissen Zeit auch mal wieder zurückgibt."

Tatsache ist, dass der Vorstand bei der Wahl seinen neuen Vorsitzenden ausgerechnet Winters Vorgänger Keuffel dazu auserkoren hat, die Kirchengemeinde aus der Krise zu führen. Auch Winters bisheriger Stellvertreter Tile Abel gab sein Amt ab. Zum neuen Stellvertretenden Vorsitzenden wurde Pastor Reimann gewählt.

Dass Reimann sich in dieses neue Amt hat wählen lassen, ist insofern überraschend, als dass er Ende Februar während eines Gottesdienstes unter Tränen etlicher Zuhörer erklärte, er habe versagt, Fehler gemacht und werde auf Anraten seiner Ärzte künftig kürzertreten. In diesem Zusammenhang sprach er vom Burn-out-Syndrom. Daher ließ er sich für die Zeit vom 25. Februar bis 18. März außer Dienst stellen und wird eigenen Ankündigungen zufolge nach Ostern noch einmal drei Wochen Urlaub nehmen.

Bereits seit einigen Monaten hatte Reimann in Henstedt keine Bibelstunde mehr abgehalten und zog sich sogar aus der von ihm aufgebauten Pfadfinderarbeit zurück. Nach den Worten des für ihn zuständigen Pfarrbezirksvorsitzenden Peter Fleck hat Reimann sein Vorgehen eng mit ihm abgestimmt: "Wir haben ihn gebeten, das zu tun. Es gibt eine ganze Menge Leute, die sich Sorgen um seinen Gesundheitszustand machen."

erschienen am 26. März 2005 in Norderstedt

http://www.abendblatt.de/daten/2005/03/26/414178.html



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