10
Jan
2006

Terminator-Technologie ächten - Freie Saat statt tote Ernte

Pressemitteilung vom 10. Januar 2006

30 Organisation starten Kampagne gegen "Terminator-Technologie"

Gentechnisches Verfahren gefährdet weltweite Ernährungssicherheit

In einer gemeinsamen Kampagne fordern mehr als 30 Organisationen aus dem Umwelt-, Entwicklungs- und Agrarbereich, die so genannte "Terminator-Technologie" weltweit zu ächten. Mit diesem neuen gentechnischen Verfahren wollen Saatgutkonzerne Pflanzen unfruchtbar machen und damit verhindern, dass Landwirte einen Teil ihrer Ernte aufbewahren und im folgenden Jahr als Saatgut verwenden. Bisher wird die Anwendung dieser Technik durch ein Moratorium der Biodiversitätskonvention verhindert, doch dieses ist in Gefahr.

Die Kampagne unter dem Motto "Terminator-Technologie ächten - Freie Saat statt tote Ernte", die heute in Berlin vorgestellt wurde, richtet sich gegen diesen Versuch, die gefährliche Technik hoffähig zu machen. "Terminator-Technologie ist der Kopierschutz für Saatgut: Damit soll verhindert werden, dass weiterhin die überwiegende Mehrheit der Bauern das Saatgut aus der eigenen Ernte gewinnt", sagte Oliver Moldenhauer, Attac-Experte für geistige Eigentumsrechte. Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst betonte die Gefahr gerade für kleine Landwirte im Süden: "1,4 Milliarden Menschen hängen direkt in ihrem Lebensunterhalt vom eigenen Saatgutnachbau ab. Terminator-Technologie ist lebensvernichtend, denn sie bringt diese Menschen um ihre Ernährungssicherheit."

Georg Janssen von der Arbeitsgemeinschaftliche Landwirtschaft (AbL) warnte: "Entweder können Bäuerinnen und Bauern bestimmen, was sie säen, und damit über die Vielfalt auf den Äckern entscheiden. Oder eine Handvoll multinationaler Saatgut-Unternehmen wird vom Acker bis zum Teller des Verbrauchers bestimmen, was angebaut und gegessen wird." Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, wies auf die ökologischen Gefahren der Terminator-Technologie hin: "Die genetische Eigenschaft der Samensterilität kann über Pollenflug auf Nachbarfelder oder in Wildpflanzen übertragen werden. Die Folge wären wirtschaftliche Einbußen bei Nutzpflanzen und die Gefährdung von Wildpflanzenpopulationen."

Nachdem eine Expertengruppe im Rahmen der Biodiversitätskonvention zu der Einschätzung gekommen war, dass die Terminator-Technologie nicht nur eine ökologische Katastrophe, sondern auch eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit bedeuten kann, wurde ein weltweite Moratorium verhängt. Dieses Moratorium steht in der Gefahr, auf Druck der Regierungen, Neuseelands, Kanadas und Australiens auf der kommenden Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention im März dieses Jahres gekippt zu werden.

Ziel der Kampagne ist es, zunächst möglichst viele Unterstützer für ein gemeinsames Positionspapier zu gewinnen. Darin fordern die unterzeichnenden Organisationen von der Bundesregierung, das Verbot der Terminator-Technologie im deutschen Gentechnik-Gesetz zu verankern. Zudem soll sich die Regierung dem Vorstoß, das internationale Moratorium zu beenden, entgegenstellen und sich stattdessen für eine Stärkung des weltweiten Verbots einsetzen.

Aufruf Terminator-Technologie ächten - „Freie Saat statt tote Ernte“

Hintergründe:

Seit Anfang 2005 ist die Terminator-Technologie wieder ins Blickfeld der internationalen Gentechnik-Debatte gerückt. Mittels Gentechnik werden bei der Terminator-Technologie, von der Saatgutindustrie auch als GURTs (Genetic Use Restriction Technologies) bezeichnet, Pflanzen so verändert, dass die Ernte nicht mehr keimen kann. Damit sollen Bauern gezwungen werden, jedes Jahr aufs Neue Saatgut zu kaufen. Dies stellt einen Angriff auf das Menschenrecht auf Nahrung dar, werden weltweit doch 80 Prozent des eingesetzten Saatguts aus der eigenen Ernte gewonnen.

Wie weit die Entwicklung der Technologie vorangeschritten ist, weiß im Moment außer den beteiligten Unternehmen niemand. Trotzdem wurden schon eine Reihe von Patenten auf die Terminator-Technologie angemeldet und erteilt, unter anderem an die deutsche Firma Bayer Crop Science.

Als 1998 dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium und der Firma Delta & Pine Land das erste Terminator-Patent erteilt wurde, stieß dies weltweit auf scharfe Kritik. Die Mitgliedstaaten der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) empfahlen 1999 ein Moratorium, das den weltweiten Anbau und Freisetzungsversuche von Terminator-Pflanzen vorläufig aufhielt. In einer Untersuchung im Rahmen der Konvention wurde begründet, dass eine solche Technologie nicht nur eine ökologische Katastrophe nach sich ziehen kann, sondern eine Gefährdung für den traditionellen Saatguttausch, die Vielfalt der Nutzpflanzen und damit eine Bedrohung der Ernährungssicherheit bedeutet.

Diese Tatsachen haben sich nicht geändert. Geändert hat sich lediglich die Argumentation der Saatgutindustrie. Seit kurzem bemüht sie sich, diese lebensfeindliche Technologie als wirksamen Schutz vor der Auskreuzung von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO), also als Instrument der biologischen Sicherheit, zu verkaufen und so in internationalen Vertragswerken zu verankern. Das Problem der Auskreuzung von GVO soll nun mit einem weiteren technischen Verfahren – der Terminator-Technologie - bekämpft werden. Dieses Verfahren birgt jedoch eine ganze Reihe von Fehlermöglichkeiten, die durch das komplizierte Zusammenspiel der Gene entsteht, die in die Pflanze geschleust wurden. Terminator- Technologie ist daher kein Mittel zur Verhinderung von Kontamination durch Pollen oder Samen von GentechPflanzen, sondern dient ausschließlich den Konzernen.

Die Regierungen Kanadas, Neuseelands und Australiens versuchen, das Moratorium für die Kommerzialisierung von Terminator-Technologie auf der kommenden Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die Biologische Vielfalt im März 2006 zu kippen. Hiergegen protestieren die unterzeichnenden Organisationen aufs Schärfste.

Die Terminator-Technologie ist eine besonders gefährliche und zynische Form der Agro-Gentechnik. Sie bringt Bauern keinerlei landwirtschaftlichen Nutzen durch höherwertiges Saatgut, sondern zielt allein darauf ab, eine totale Kontrolle über das Saatgut und damit die Kontrolle über die Welternährung zu erlangen. Wer den Saatgut-Markt beherrscht, beherrscht einen Markt, den es immer geben wird:

Menschen müssen essen – es geht bei der Terminator-Technologie um nichts weniger als um die Kontrolle der Lebensgrundlagen.

Deshalb muss die Terminator-Technologie weltweit verboten werden.

Wir fordern...

die deutschen Vertreter auf der 8. Vertragsstaatenkonferenz zur Konvention über Biologische Vielfalt (COP8), die im März in Brasilien zusammentreten wird, auf,

* sich für eine Beibehaltung und Stärkung des De-facto-Moratoriums für die kommerzielle Nutzung und jegliche Freisetzungen mit der Terminator- Technologie einzusetzen und

* auf ein zeitlich unbegrenztes, weltweites Verbot der Terminator-Technologie im Rahmen der Konvention hinzuwirken.

Wir fordern zudem...

...den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung auf,

* die Patentierung, Registrierung, Lizenzierung oder jede andere Form der Anerkennung geistiger Eigentumsrechte, die mit dieser Technologie einhergehen, zu verbieten,

* ein Verbot der Terminator-Technologie im deutschen Gentechnikgesetz zu verankern,

* Forschungsgelder der öffentlichen Hand nicht für Projekte zur Verfügung zu stellen, die geeignet sind, die Terminator-Technologie und ihre Entwicklung zu fördern und

* sich insbesondere im europäischen Kontext auf allen Ebenen für die Umsetzung der hier genannten Forderungen einzusetzen.

Die unterzeichnenden Organisationen sehen in der Entwicklung und Zulassung von Terminator-Technologie einen Angriff auf die weltweite Ernährungssicherheit. Sie stellt eine Form der Aneignung lebenswichtiger Ressourcen dar, die geächtet werden muss!

Für Rückfragen: Sandra Blessin, Tel. 040-392526 oder 0177-97 28 275, info@freie-saat.de

Die Kampagne "Terminator-Technologie ächten - Freie Saat statt tote Ernte" wird unterstützt von:

"Kein Patent auf Leben!"
Aktion 3. Welt Saar
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL.)
Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten in der Ev. Kirche in Deutschland (AGU)
ATTAC
Ausschuss für den Dienst auf dem Lande in der EKD
Bioland
Bonner AK gegen Gentechnologie
Brot für die Welt
BUKO Agrar Koordination
BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW)
Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugend im ländlichen Raum (BAG ejl)
Bündnis für die gentechnikfreie Landwirtschaft in Niedersachsen, Bremen und Hamburg
Bürgerinitiative gentechnikfreies Schleswig-Holstein
Coordination gegen BAYER-Gefahren
Demeter
Dreschflegel e.V.
Evangelischer Entwicklungsdienst (EED)
Evangelisches Bildungszentrum Hesselberg
Gen-ethisches Netzwerk
Gentechnikfreie Regionen in Deutschland
NABU
Naturland
Ökomarkt
PAN Germany (Pestizid Aktionsnetzwerk)
Share e.V.
Umweltinstitut München
Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN)
Zukunftsstiftung Landwirtschaft
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