Haben Kommunen Einflussmöglichkeiten bei der Standortfrage von Mobilfunkmasten?
HLV INFO 186/AT
5-12-2005
Volker Hartenstein, MdL a.D.
5-12-05
Sehr geehrter Herr Hartenstein,
im Anhang unsere Pressemitteilung zu der Veranstaltung "Mobilfunk und Baurecht", die wir am 24.11. in Oberbeuren/KF abhielten.
MfG
Renate Marek
Sprecherin der Mobilfunk-Initiativen OAL
Mobilfunk und Baurecht
Haben Kommunen Einflussmöglichkeiten bei der Standortfrage von Mobilfunkmasten?
Der Zwiespalt ist offensichtlich: Viele Menschen wollen mit dem Handy telefonieren und erreichbar sein, wollen aber auch vor Mobilfunkstrahlung geschützt werden. Obwohl die meisten Gebiete mobilfunktechnisch so weit versorgt sind, dass ein weiterer Ausbau eigentlich unnötig wird und nur noch fragwürdigen Nutzungsmöglichkeiten des Handys dient, drängen die Netzbetreiber auf immer neue Standorte. Die Kommunen stehen hier häufig dazwischen, sehen sie sich einerseits gezwungen, den Forderungen der Mobilfunkbetreiber genüge zu tun, andererseits sind sie aber auch für die Gesundheitsvorsorge in der Bevölkerung verantwortlich. Dass es Wege aus diesem Dilemma gibt, versuchte vergangenen Donnerstag auf Einladung der Ostallgäuer Mobilfunkinitiativen der Dipl. Verwaltungswirt (FH) Peter-Michael Schmalz, Referent für Umwelt- Natur- und Verbraucherschutz sowie Mobilfunkexperte, im Rahmen seines Vortrags "Mobilfunk und Baurecht" im Pfarrsaal in Oberbeuren aufzuzeigen. Schmalz geht in seinen Ausführungen erst einmal auf die derzeit festgelegten Grenzwerte ein. Sie böten selbst nach offiziellen Angaben zwar Schutz vor akuten Schäden, jedoch keinen nachgewiesenen Schutz vor mittel- und langfristigen gesundheitlichen Schäden. Die Menschen wären zudem wenig sensibilisiert für die gesundheitlichen Gefahren, die von elektromagnetischer Strahlung ausgingen. Denn, so Schmalz,: "Man riecht`s nicht, man schmeckt`s nicht und man hört`s nicht." Eine Senkung der Strahlenschutzwerte sei derzeit aufgrund der persönlichen und finanziellen Verflechtungen der regierenden Parteien mit den Konzernen nicht zu erreichen, deswegen müsse auf das Baurecht als den zweitbesten Weg ausgewichen werden. Wie z. B. bei der Windenergie, verfügt jede Gemeinde auch beim Mobilfunk über Steuerungsmöglichkeiten.
Schmalz empfiehlt ein flächendeckendes verbindliches und gemeindliches Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen in der Bauleitplanung. Als Basis hierfür rate er dringend die Beauftragung eines von den Netzbetreibern unabhängigen Fachbüros an. Dieses Büro müsse ein funktechnisches Standortgutachten erstellen. Dies beinhalte die Bestandsaufnahme von Sendeanlagen, eine dreidimensionale Erhebung gemeindespezifischer Gegebenheiten mit einer Genauigkeit im Meterbereich, funktechnische Berechnungen und die Erstellung eines Pflichtenheftes für die Gemeinde. Schmalz erläutert, dass jede Gemeinde ihre ganz eigenen zu berücksichtigenden Gegebenheiten, topographischer wie baulicher Art habe. So sei z. B. das Reflektionsverhalten, wie etwa in Häuserschluchten, ein nicht zu unterschätzender Aspekt für die Strahlenbelastung. Die Funknetzplanung der Netzbetreiber basiere dagegen in aller Regel nur auf weniger genauen und billigeren Geländemodellen, in denen viele maßgebliche Aspekte nicht berücksichtigt werden. In dem aufwändigen Standortgutachten hingegen können aufgrund extremer Digitalisierung die Auswirkungen des geplanten Standortes genau gemessen werden. Darüber hinaus können die gewonnenen Daten für weitere unverzichtbare Komponenten, wie Straßen- oder Kanalbau verwendet werden.
Im Außenbereich kann jede Gemeinde auf Basis dieses unabhängigen Gutachtens rechtsverbindliche sog. Positivstandorte im Flächennutzungsplan festsetzen. Im Innenbereich können auf Basis des Gutachtens dann Sperrungen von reinen und allgemeinen Wohngebieten für Mobilfunksender per Bebauungsplan festgelegt werden. Unter gewissen Voraussetzungen können sogar bestimmte Bereiche von Misch- und Dorfgebieten von Mobilfunksendern freigehalten werden. Gewerbegebiete entzögen sich jedoch in aller Regel beim Mobilfunk einer gemeindlichen baurechtlichenhoheitlichen Regelungskompetenz. Hier könne man jedoch ersatzweise zivilrechtliche Regelungen in den Kaufverträgen für die Gewerbe-Grundstücke fixieren. Für die zeitliche Absicherung dieser gemeindlichen Planungen stünden, so der Fachmann weiter, gemeindliche mobilfunkspezifische Veränderungssperren und Anträge auf Rückstellungen von Baugesuchen zur Verfügung. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine hinreichend konkretisierte Planungsabsicht der Gemeinden für ein Standortkonzept zum Mobilfunk.
Eine weitere, sehr aktuelle Möglichkeit der Gemeinden, Einfluss in Sachen Mobilfunk zu nehmen, böte das derzeitige Anhörungsverfahren zur Novellierung des Landesentwicklungsprogramms (LEP). Einige Kommunen haben bereits den Vorschlag eingereicht, die Formulierung "flächendeckende" durch den abgeschwächten Begriff "ausreichende" Versorgung" zu ersetzen
Im weiteren Verlauf des Vortrages widerlegte der Referent noch einige Falschbehauptungen hinsichtlich der angeblichen hervorgehobenen Rechtsstellung der Mobilfunkbetreiber. So pochten die Netzbetreiber immer auf ihre Lizenzverpflichtungen. Diese Lizenzverpflichtungen, so Peter-Michael Schmalz, seien jedoch nur privatrechtliche Lizenzen zum Geldverdienen, keine öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zum Netzaufbau, so ein rechtskräftiges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom
18.03.2003
Zum Schluss seines sehr intensiven und anspruchsvollen Vortrages fasste der Referent seine Ausführungen zusammen mit den Worten: "Ein gemeindliches Vorsorgekonzept ist keine rechtswidrige Verhinderungsplanung, sondern eine rechtlich zulässige Lenkungsplanung. Oft scheuten jedoch die Gemeinden die Kosten hierfür. Es gelte jedoch auch hier das Prinzip: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg."
An die Bevölkerung appellierte er, angesichts der gesundheitlichen Risiken, den Vorsorge-Empfehlungen des Bundesamtes für Strahlenschutz zu folgenden: nach Möglichkeit nur mit dem Festnetz telefonieren, und wenn nicht anders möglich, dann nur sehr kurz mit dem Handy telefonieren und Kinder gar nicht mit dem Handy telefonieren zu lassen. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass mit jedem Handytelefonat die Wahrscheinlichkeit steige, dass auch im eigenen Nahfeld ein neuer Sender gebaut wird. Schließlich gelte: Viele Handytelefonate, bedeuten viele Sender!
5-12-2005
Volker Hartenstein, MdL a.D.
5-12-05
Sehr geehrter Herr Hartenstein,
im Anhang unsere Pressemitteilung zu der Veranstaltung "Mobilfunk und Baurecht", die wir am 24.11. in Oberbeuren/KF abhielten.
MfG
Renate Marek
Sprecherin der Mobilfunk-Initiativen OAL
Mobilfunk und Baurecht
Haben Kommunen Einflussmöglichkeiten bei der Standortfrage von Mobilfunkmasten?
Der Zwiespalt ist offensichtlich: Viele Menschen wollen mit dem Handy telefonieren und erreichbar sein, wollen aber auch vor Mobilfunkstrahlung geschützt werden. Obwohl die meisten Gebiete mobilfunktechnisch so weit versorgt sind, dass ein weiterer Ausbau eigentlich unnötig wird und nur noch fragwürdigen Nutzungsmöglichkeiten des Handys dient, drängen die Netzbetreiber auf immer neue Standorte. Die Kommunen stehen hier häufig dazwischen, sehen sie sich einerseits gezwungen, den Forderungen der Mobilfunkbetreiber genüge zu tun, andererseits sind sie aber auch für die Gesundheitsvorsorge in der Bevölkerung verantwortlich. Dass es Wege aus diesem Dilemma gibt, versuchte vergangenen Donnerstag auf Einladung der Ostallgäuer Mobilfunkinitiativen der Dipl. Verwaltungswirt (FH) Peter-Michael Schmalz, Referent für Umwelt- Natur- und Verbraucherschutz sowie Mobilfunkexperte, im Rahmen seines Vortrags "Mobilfunk und Baurecht" im Pfarrsaal in Oberbeuren aufzuzeigen. Schmalz geht in seinen Ausführungen erst einmal auf die derzeit festgelegten Grenzwerte ein. Sie böten selbst nach offiziellen Angaben zwar Schutz vor akuten Schäden, jedoch keinen nachgewiesenen Schutz vor mittel- und langfristigen gesundheitlichen Schäden. Die Menschen wären zudem wenig sensibilisiert für die gesundheitlichen Gefahren, die von elektromagnetischer Strahlung ausgingen. Denn, so Schmalz,: "Man riecht`s nicht, man schmeckt`s nicht und man hört`s nicht." Eine Senkung der Strahlenschutzwerte sei derzeit aufgrund der persönlichen und finanziellen Verflechtungen der regierenden Parteien mit den Konzernen nicht zu erreichen, deswegen müsse auf das Baurecht als den zweitbesten Weg ausgewichen werden. Wie z. B. bei der Windenergie, verfügt jede Gemeinde auch beim Mobilfunk über Steuerungsmöglichkeiten.
Schmalz empfiehlt ein flächendeckendes verbindliches und gemeindliches Standortkonzept für Mobilfunksendeanlagen in der Bauleitplanung. Als Basis hierfür rate er dringend die Beauftragung eines von den Netzbetreibern unabhängigen Fachbüros an. Dieses Büro müsse ein funktechnisches Standortgutachten erstellen. Dies beinhalte die Bestandsaufnahme von Sendeanlagen, eine dreidimensionale Erhebung gemeindespezifischer Gegebenheiten mit einer Genauigkeit im Meterbereich, funktechnische Berechnungen und die Erstellung eines Pflichtenheftes für die Gemeinde. Schmalz erläutert, dass jede Gemeinde ihre ganz eigenen zu berücksichtigenden Gegebenheiten, topographischer wie baulicher Art habe. So sei z. B. das Reflektionsverhalten, wie etwa in Häuserschluchten, ein nicht zu unterschätzender Aspekt für die Strahlenbelastung. Die Funknetzplanung der Netzbetreiber basiere dagegen in aller Regel nur auf weniger genauen und billigeren Geländemodellen, in denen viele maßgebliche Aspekte nicht berücksichtigt werden. In dem aufwändigen Standortgutachten hingegen können aufgrund extremer Digitalisierung die Auswirkungen des geplanten Standortes genau gemessen werden. Darüber hinaus können die gewonnenen Daten für weitere unverzichtbare Komponenten, wie Straßen- oder Kanalbau verwendet werden.
Im Außenbereich kann jede Gemeinde auf Basis dieses unabhängigen Gutachtens rechtsverbindliche sog. Positivstandorte im Flächennutzungsplan festsetzen. Im Innenbereich können auf Basis des Gutachtens dann Sperrungen von reinen und allgemeinen Wohngebieten für Mobilfunksender per Bebauungsplan festgelegt werden. Unter gewissen Voraussetzungen können sogar bestimmte Bereiche von Misch- und Dorfgebieten von Mobilfunksendern freigehalten werden. Gewerbegebiete entzögen sich jedoch in aller Regel beim Mobilfunk einer gemeindlichen baurechtlichenhoheitlichen Regelungskompetenz. Hier könne man jedoch ersatzweise zivilrechtliche Regelungen in den Kaufverträgen für die Gewerbe-Grundstücke fixieren. Für die zeitliche Absicherung dieser gemeindlichen Planungen stünden, so der Fachmann weiter, gemeindliche mobilfunkspezifische Veränderungssperren und Anträge auf Rückstellungen von Baugesuchen zur Verfügung. Voraussetzung hierfür sei jedoch eine hinreichend konkretisierte Planungsabsicht der Gemeinden für ein Standortkonzept zum Mobilfunk.
Eine weitere, sehr aktuelle Möglichkeit der Gemeinden, Einfluss in Sachen Mobilfunk zu nehmen, böte das derzeitige Anhörungsverfahren zur Novellierung des Landesentwicklungsprogramms (LEP). Einige Kommunen haben bereits den Vorschlag eingereicht, die Formulierung "flächendeckende" durch den abgeschwächten Begriff "ausreichende" Versorgung" zu ersetzen
Im weiteren Verlauf des Vortrages widerlegte der Referent noch einige Falschbehauptungen hinsichtlich der angeblichen hervorgehobenen Rechtsstellung der Mobilfunkbetreiber. So pochten die Netzbetreiber immer auf ihre Lizenzverpflichtungen. Diese Lizenzverpflichtungen, so Peter-Michael Schmalz, seien jedoch nur privatrechtliche Lizenzen zum Geldverdienen, keine öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zum Netzaufbau, so ein rechtskräftiges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom
18.03.2003
Zum Schluss seines sehr intensiven und anspruchsvollen Vortrages fasste der Referent seine Ausführungen zusammen mit den Worten: "Ein gemeindliches Vorsorgekonzept ist keine rechtswidrige Verhinderungsplanung, sondern eine rechtlich zulässige Lenkungsplanung. Oft scheuten jedoch die Gemeinden die Kosten hierfür. Es gelte jedoch auch hier das Prinzip: "Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg."
An die Bevölkerung appellierte er, angesichts der gesundheitlichen Risiken, den Vorsorge-Empfehlungen des Bundesamtes für Strahlenschutz zu folgenden: nach Möglichkeit nur mit dem Festnetz telefonieren, und wenn nicht anders möglich, dann nur sehr kurz mit dem Handy telefonieren und Kinder gar nicht mit dem Handy telefonieren zu lassen. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass mit jedem Handytelefonat die Wahrscheinlichkeit steige, dass auch im eigenen Nahfeld ein neuer Sender gebaut wird. Schließlich gelte: Viele Handytelefonate, bedeuten viele Sender!
Starmail - 5. Dez, 12:14