Petition des Stadtrates Naila gemäß Beschlüssen vom 29.03.2004, 08.06.2004 und 27.07.2004
Wirksamer Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen der Mobilfunkstrahlung
Von vielen Ärzten, Wissenschaftlern, Fachleuten und auch Privatpersonen wird die Aussage angezweifelt, dass bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte von einer Mobilfunksendeanlage keine gesundheitlichen Auswirkungen ausgehen können.
Kernpunkte der Kritik sind, dass die derzeit in der Bundesrepublik Deutschland geltenden gesetzlichen Grenzwerte für den Betrieb von Mobilfunksendeanlagen nur thermische Wirkungen, nicht jedoch bestimmte athermische Effekte der Mobilfunkstrahlung berücksichtigen und die Grenzwerte keine Vorsorgegrenzwerte darstellen, obwohl in Deutschland im Rahmen der Umweltpolitik die grundlegende Idee des Vorsorgeprinzips entwickelt wurde.
Zu den Auswirkungen von Mobilfunksendeanlagen auf die menschliche Gesundheit gibt es bereits eine Reihe von Untersuchungen, z.B. von der durch die EU beauftragten Forschergruppe REFLEX aus sieben EU-Ländern und des ECOLOG-Institutes, das eine Untersuchung im Auftrag der Telekom durchgeführt hat.
Beide kommen zu dem Ergebnis, dass durch Mobilfunkstrahlung gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden können. Die Forschergruppe REFLEX hat den Nachweis erbracht, dass durch Hochfrequenzstrahlung das Erbgut geschädigt werden kann. Die Studie des ECOLOG-Institutes kommt zum Ergebnis, dass Krebserkrankungen, Schwächung des Immunsystems und Einflüsse auf das zentrale Nervensystem durch Mobilfunk begünstigt werden. Darüber hinaus gibt es weltweit diverse Untersuchungen, die gesundheitliche Auswirkungen bestätigen.
Die in Naila niedergelassenen Allgemeinmediziner Drs. med. Horst Eger, Klaus Uwe Hagen, Birgitt Lucas, Peter Vogel und Helmut Voit haben eine Studie erstellt, in welcher der Gesundheitszustand der Bevölkerung im Abstand zu einer in Naila seit 1993 bestehenden Mobilfunkanlage untersucht worden ist. Die Ergebnisse der „Nailaer Ärztestudie“ wurden in einer Veranstaltung am 21.07.2004 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie wurde von Herrn Prof. Dr. med. Rainer Frentzel-Beyme, Epidemiologe am Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnologie der Universität Bremen, wissenschaftlich beurteilt.
Die Studie ergab, dass sich der Anteil von neu aufgetretenen Krebsfällen bei Patienten, die während der letzten zehn Jahre in einem Abstand bis zu 400 Meter um die seit 1993 betriebene Mobilfunksendeanlage gewohnt hatten, gegenüber dem über 400 m entfernten Bereich im Gesamtzeitraum von 1994 - 2004 verdoppelt und in der Zeit von 1999 - 2004 sogar verdreifacht hat. Überdies war das Alter, in dem diese Patienten an Krebs erkrankt sind, durchschnittlich 8,5 Jahre jünger als im über 400 m entfernten Bereich. Nennenswerte äußere Einflussfaktoren, die das Ergebnis hätten beeinträchtigen können, konnten nicht eruiert werden. Auf den Inhalt der beiliegenden Studie darf verwiesen werden.
Aufgrund des Ergebnisses der vorgenannten verschiedenen Untersuchungen ergeben sich erhebliche Zweifel an der offiziellen Darstellung, wonach bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte von einer Mobilfunksendeanlage keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen ausgehen können. So lange die geltenden Grenzwerte nicht verändert werden, gibt es sowohl für die betroffenen Bürger als auch für die Kommunen kaum juristische Handhaben, gegen vorhandene bzw. geplante Sendeanlagen vorzugehen, weil die Gerichte den Schutz der Bevölkerung als ausreichend ansehen, sofern die Mobilfunkanlage die geltenden Grenzwerte einhält, was durch die Erteilung der Standortbescheinigung durch die Regulierungsbehörde als erwiesen gilt.
Die deutschen Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen sind erheblich höher als vergleichbare Regelungen in manchen benachbarten Ländern bzw. Regionen (z.B. Schweiz, Österreich/ Bundesland Salzburg). Nachdem Mobilfunk dort auch mit extrem niedrigeren Grenzwerten für die Strahlenbelastung betrieben werden kann, sollte nach Ansicht der Stadt Naila darauf hingearbeitet werden, die Grenzwerte auch in Deutschland deutlich zu senken, um mögliche gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung von vorneherein auszuschließen bzw. zu minimieren.
[ Zusatz, nur für Text an Bundestag:
Aus verschiedenen Bundestagsdrucksachen geht hervor, dass den politisch zuständigen Stellen die Bedenken aus der Bevölkerung und auch die kritischen Stimmen aus Wissenschaft und Forschung durchaus bekannt sind. Jedoch zögern die zuständigen Fachstellen noch mit einer eindeutigen Bewertung dieser Indizien und verweisen auf bis zum Jahr 2006 laufende Forschungsvorhaben des Bundes.
Der Deutsche Bundestag sollte hier auf ein schnelleres Arbeiten drängen und z.B. die Vorschläge des Büros für Technikfolgenabschätzung im Bericht an den Bundestag vom 08.07.2003 (Bundestagsdrucksache 15/1403) konsequent umsetzen. Dort heißt es z.B., dass bei der politischen Bewertung neuer Forschungsergebnisse in Bezug auf die Festlegung von Grenzwerten dem Parlament eine besondere Aufgabe zukomme (S. 83 a.a.O.). Es erscheine bedenkenswert, die geltenden nationalen Richtlinien bzw. Richtlinien der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlen (ICNIRP) mit dem Vorsorgeansatz in Übereinstimmung zu bringen, insbesondere dann, wenn weitere Forschungsergebnisse die Existenz und die Auswirkungen athermischer Effekte zweifelsfrei belegen sollten (S. 84 a.a.O.)
Die Stadt Naila ist der Auffassung, dass inzwischen genügend relevante Erkenntnisse über die Existenz solcher gesundheitsgefährdenden Effekte vorliegen und fordert daher den Deutschen Bundestag auf, entsprechend dem überall im Umwelt- und Verbraucherschutz geltenden Vorsorgeprinzip die unten genannten Maßnahmen zu ergreifen, um einen wirksamen präventiven Schutz der Bevölkerung sicherzustellen. ]
In Verantwortung für die Gesundheit aller Einwohner der Stadt Naila und auf Grund des alarmierenden Ergebnisses der Nailaer Ärztestudie hat der Stadtrat Naila gemäß Artikel 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, wonach die Gemeinden auch für das örtliche Gesundheitswesen zu sorgen haben, folgende Petition verabschiedet:
A) Deutscher Bundestag
Um einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Mobilfunks zu erreichen, fordern wir den Deutschen Bundestag auf, umgehend folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. Absenkung des Grenzwertes für die Leistungsflussdichte von Mobilfunksendeanlagen in der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) auf ein gesundheitsverträgliches Maß; und zwar eine Reduzierung um den Faktor 1:1.000.000 gegenüber dem derzeit geltenden Wert, um dem Vorsorgeansatz Rechnung zu tragen.
2. Erteilte Standortbescheinigungen für bestehende Mobilfunksendeanlagen sind gemäß der Ermächtigung des § 7 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) umgehend zu widerrufen, sobald die Grenzwerte nach § 3 BEMFV i.V.m. der 26. BImSchV geändert worden sind.
3. Einführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit einer rechtlich verbindlichen Beteiligung der Kommunen und der Bürger für alle Mobilfunksendeanlagen.
4. Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung der Hersteller sowie der Mobilfunkbetreiber zur Aufklärung der Verbraucher über die Gefahren von Hochfrequenzgeräten wie Mobiltelefonen, schnurlosen DECT-Telefonanlagen und Wireless-LAN-Anlagen.
B) Europäisches Parlament
Um einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Mobilfunks zu erreichen, fordern wir das Europäische Parlament auf, umgehend folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. Erlass von EU-Richtlinien zur europaweiten Harmonisierung der Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen auf niedrigstem Niveau, und zwar eine Reduzierung um den Faktor 1:1.000.000 gegenüber dem derzeit in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Wert, um so gesundheitliche Risiken durch Mobilfunksendeanlagen von vorneherein auszuschließen bzw. zu minimieren.
2. Einführung einer europaweiten gesetzlichen Verpflichtung der Hersteller sowie der Mobilfunkbetreiber zur Aufklärung der Verbraucher über die Gefahren von Hochfrequenzgeräten wie Mobiltelefonen, schnurlosen DECT-Telefonanlagen und Wireless LAN-Anlagen.
C) Bayerischer Landtag
Um einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Mobilfunks zu erreichen, fordern wir den Bayerischen Landtag auf, umgehend im Bundesrat folgende Initiative einzubringen:
1. Absenkung des Grenzwertes für die Leistungsflussdichte von Mobilfunksendeanlagen in der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV) auf ein gesundheitsverträgliches Maß; und zwar eine Reduzierung um den Faktor 1:1.000.000 gegenüber dem derzeit geltenden Wert, um dem Vorsorgeansatz Rechnung zu tragen.
2. Erteilte Standortbescheinigungen für bestehende Mobilfunksendeanlagen sind gemäß der Ermächtigung des § 7 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) umgehend zu widerrufen, sobald die Grenzwerte nach § 3 BEMFV i.V.m. der 26. BImSchV geändert worden sind.
3. Einführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens mit einer rechtlich verbindlichen Beteiligung der Kommunen und der Bürger für alle Mobilfunksendeanlagen.
4. Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung der Hersteller sowie der Mobilfunkbetreiber zur Aufklärung der Verbraucher über die Gefahren von Hochfrequenzgeräten wie Mobiltelefonen, schnurlosen DECT-Telefonanlagen und Wireless-LAN-Anlagen.
Anlagen: Eingabe der Bürgerinitiative zur Verminderung der Strahlenbelastung, Naila, mit Unterschriftenlisten
Kurzfassung der Nailaer Ärztestudie Stand: 28.07.2004, 09:12
Quelle:
http://www.naila.de/petition.pdf
Nachricht von Reinhard Rückemann
http://de.groups.yahoo.com/group/elektrosmog-liste/message/4139