29
Apr
2005

Verschleierung von gerichtswirksamen Nachweisen von Mobilfunkschädigung

Schädigung durch Mobilfunksender führt wegen Klagen vor Gericht zu Vergleich

Herr A.G. und seine Eltern klagten gegen den Freistaat Bayern und die Betreiberfirma E-Plus. E-Plus hatte im Jahr 1994 in 17m Entfernung vom Wohnhaus der Familie in einer Gemeinde in Oberbayern ihre Mobilfunk-Antenne auf einem nachbarlichen Gebäude installiert.

Die Familie G. litt darauf unter extremen Schlafstörungen, seit dem Jahr 1999 sahen sich die Eltern des Klägers gezwungen, auswärts zu schlafen. Aber auch der Aufenthalt in der Wohnung tagsüber mit Strahlenwerten (Leistungsflussdichte) von 900nW/cm2 [entspricht 9000 µW/m² = 1,842 V/m (Feldstärke)] war gesundheitlich extrem belastend: Die Mutter des Klägers entwickelte fünf Jahre nach Inbetriebnahme der Sendeanlage ein Nierenkarzinom, das zur operativen Entfernung einer Niere führte.

Auch der Kläger selbst litt seit Installation der Antenne unter schweren Schlafstörungen – beklagt wurden vor allem ein völliges Wegfallen des Tiefschlafes. Neben dem damit zusammenhängenden chronischen Erschöpfungssyndrom bei labormäßig nachgewiesener erheblicher Melatoninreduktion (im Morgenurin) waren zudem ein permanenter beidseitiger Tinnitus (hochfrequente Ohrgeräusche) besonders quälend.

Trotz schlechter Erfolgsprognose entschloss sich Familie G. zur Klage gegen den Freistaat Bayern und die Betreiberfirma. Das Mandat erhielt ein mutiger Umwelt-Rechtsanwalt aus Norddeutschland.

Die Klage wurde zunächst in erster Instanz abgewiesen. Durch anwaltliches Bemühen und gutachterliches Hinzuziehen des Umweltmediziners Dr. med. Scheiner / München konnte die Wiederaufnahme des Verfahrens in zweiter Instanz erwirkt werden.

Nach dem dritten ausführlichen medizinischen Gutachten von Dr. med. Scheiner im Frühjahr 2003, das unten einsehbar ist, gingen der Beklagtenseite, also dem Freistaat Bayern mit E-Plus samt ihren Gutachtern, die sich im Tonfall immer außerordentlich überheblich zeigten, wissenschaftlich denn doch die Argumente und „die Luft“ aus. In dieser für den Freistaat Bayern und die Betreiberseite ungünstigen Situation boten ihre Anwälte den Klägern einen Vergleich einschließlich Übernahme der gesamten Anwalts- und Gerichtskosten an. Hauptpunkt des Vergleichs: Der Abbau der Mobilfunk-Antenne !!

Obwohl ein Durchfechten des für die Kläger sich günstig abzeichnenden Rechtsstreites zu einem interessanten juristischen Präzedenzfall geführt hätte, nahm der Kläger - um wegen der Krebs-Erkrankung seiner Mutter keine Zeit zu verlieren- das Vergleichsangebot an.

Zitiert nach: http://www.klima.business.t-online.de/rem_schlaf.htm

Dort ist auch das angeführte Gutachten dokumentiert.


Kommentar

... und befördert zugleich ihre Verschleierung durch Betreiber und Politik

Ein dokumentiertes ärztlich-wissenschaftliches Gutachten bewegte die Beklagten, das Land Bayern und den Mobilfunkbetreiber E-Plus, zum Angebot eines außergerichtlichen Vergleichs. Dies lässt die Deutung zu, dass wegen der erdrückenden Indizienlage von Seiten der Betreiber sowohl die eigene medizinisch-wissenschaftliche wie auch die rechtliche Position als zu schwach angesehen wurden, als dass ein Prozessfortgang für die eigenen Zielen als nützlich angesehen werden konnte. Offensichtlich wurde das Risiko gescheut, dass wegen der langen Dauer der Bestrahlung und angesichts der faktischen Tatsachen die Fortsetzung des Prozesses zu einem rechtsbedeutsamen Nachweis der krankmachende Wirkung des Senders hätte führen können.

Aktenkundig und publik gemacht werden zuerst Gerichtsurteile - derzeit noch solche gegen die Belange von Mobilfunkgeschädigten. Schnell aus dem mehr oder weniger nach Interessen gelenkten Blick der Mediengesellschaft und der öffentlichen Diskussion geraten diejenigen Fälle, die mit einem außergerichtlichen Vergleich beendet werden. Daher sind nur sehr schwer Informationen zu erhalten, über ihre Zahl und die Sachlage, wegen der sie geschlossen wurden.

Einer der Gründe weswegen es sich so verhält, wird durch den hier vorgestellten Fall erhellt.

In der geschilderten gerichtlichen Auseinandersetzung wird der Weg zum Vergleich und damit zum Verzicht auf die Herbeiführung eines Urteils durch die Schädigung auf Seiten des Geschädigten selbst bereitet. Die Belastungen durch die gesundheitlichen Folgen von neun Jahren Zwangsbestrahlung und eines aufreibenden Rechtsstreits gegen eine finanziell übermächtige und einflussreiche Allianz der Mobilfunkindustrie und des Staates führten zur Ermattung und schließlich zum Entschluss aufzugeben, um sich - selbst gesundheitlich beeinträchtigt - wenigstens würdig um ein noch ernsthafter erkranktes Familienmitglied kümmern zu können.

Welche Bedeutung für die Pflege des Rechtes in unserem Staat hat es, wenn zugelassen wird, dass sich eine Schädigung dahingehend auswirken kann, dass der Geschädigte durch die Folgen eben dieser Schädigung davon abgehalten wird, einen rechtlich aussichtsreichen Weg bis zu einem Urteil zu Ende zu gehen?

Es wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit das Zustandekommen eines Urteils verhindert, dem eine allgemein gewichtige Bedeutung zugekommen wäre sowohl hinsichtlich der Wahrung der Belange von Geschädigten als auch in Bezug auf die Einschränkung der Möglichkeiten der Verursacher, ihre Interessen ohne Rücksicht durchsetzen zu können, ebenso wie in Bezug auf die sie deckende Politik.

Vor diesem Hintergrund betrachtet zeigt die gegenüber den Protesten von Zwangsbestrahlten allfällig vorgetragene Entgegnung, dass nämlich bisher noch kein medizinischer und wissenschaftlicher Befund bekannt sei, der vor einem Gericht zu einer durch Urteil begründeten Anerkennung einer vorliegenden gesundheitlichen Schädigung durch Mobilfunkstrahlung geführt hätte, ein anderes Gesicht.

Helmut Breunig


Quelle: http://de.groups.yahoo.com/group/elektrosmog-liste/message/5262
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