Schwenkt die Swisscom um?
Elektrosmog: Die schlagzeilenträchtige Sendeanlage am Hirschberg soll mittels Biogeometrie entstört werden
Folgt auf das «Wunder von Hemberg» dasjenige vom Hirschberg? Der Ägypter Ibrahim Karim hat auch hier elektrosensiblen Menschen seine Hilfe zugesagt. Noch offen ist, ob sich die Swisscom an den Kosten einer wissenschaftlichen Begleitstudie beteiligen wird.
CHRISTOPH ZWEILI
Die «kosmische Formensprache» des Ägypters Ibrahim Karim polarisiert: Der Geschäftsführer der Vereinigung Elektrosmog-Betroffener Gigaherz.ch, Hans-Ulrich Jakob, beispielsweise nennt die «Biogeometrie» Humbug und Zauberei. Für eine Gruppe von elektrosensiblen Menschen in Hemberg war die Methode des diplomierten ETH-Architekten und Doktors der Wissenschaften aber Heilmittel im Kampf gegen die Umweltverstrahlung.
Karim half vor zwei Jahren in der Hügelsiedlung einer Gruppe von Betroffenen, die über gesundheitliche Beschwerden geklagt hatte, nachdem die Swisscom im Herbst 2002 im katholischen Kirchturm eine Mobilfunkantenne in Betrieb genommen hatte. Die geplagten Anwohner gelangten an die Ombudsstelle Mobilkommunikation. Und die wiederum machte der Swisscom Karims Hilfsangebot schmackhaft. Wichtig zu wissen: Die Swisscom ist zusammen mit den Mobilfunkanbietern Orange und Sunrise Stiftungsgründerin der Ombudsstelle.
Gratisarbeit in Hemberg
In Hemberg hatte Karim noch Gratisarbeit geleistet, einen Aufwand, den der Ägypter gegenüber der Zeitschrift «Facts» mit 100 000 Franken und drei Monaten Zeit bezifferte. Er setzte von ihm entwickelte biogeometrische Figuren aus Holz und Plexiglas ein, welche von der Form her an gedrechselte Stuhlbeine erinnern. Damit will Karim zwölf verschiedene Störquellen außerhalb Hembergs und sieben im Kirchturm in positive Energie umgewandelt haben. Tatsächlich erklärten viele Betroffene danach, dass sie sich nun deutlich besser fühlten. Etwa Rosmarie Keller, deren Haus rund 100 Meter vom Kirchturm entfernt liegt und die unter massiven gesundheitlichen Störungen gelitten hatte. «Wir haben eigentlich erwartet, dass sich die Ombudsstelle Mobilkommunikation zum Vorreiter für die Biogeometrie macht, nachdem Swisscom allein im letzten Jahr geschätzte rund 60 Millionen Franken für Einsprachen aufwenden musste», sagt der grüne Flawiler Kantonsrat und Baubiologe Bosco Büeler. Doch der Telecom-Anbieter habe sich nach sieben Monaten aus dem Projekt verabschiedet, als Ibrahim Karim für seinen Aufwand entschädigt werden wollte, falls er Elektrosmog-Geplagte aus der ganzen Schweiz behandle.
Ohrensausen und Herzflattern
Zumindest einen zweiten Biogeometrie-Feldversuch wird es in der Ostschweiz geben. «Karim muss auch uns helfen», hatte Josef Mazenauer vom Hirschberg in Appenzell im Juni 2004 gefordert. Der pensionierte Schreinermeister und andere Anwohner leiden unter Symptomen wie Kopfweh, Ohrensausen, Zahnschmerzen und Herzflattern, die sie dem 150 Meter entfernten 79 Meter hohen Swisscom-Sendemast zuschreiben. Hier sind acht Mobilfunkantennen, vier Fernseh- und vier Radioantennen sowie eine Telepage-Antenne montiert. Karim hat Josef Mazenauer seine Hilfe fest zugesagt. Eine schulmedizinisch ausgelegte Begleitstudie über die Wirksamkeit der Biogeometrie, wie von Ibrahim Karim gewünscht, werde es auch am Hirschberg nicht geben, «weil derzeit mehrere juristische Verfahren laufen», teilte Claude Georges, Leiter Mobilkommunikation und Umwelt bei Swisscom, vor kurzem auf Anfrage mit.
Carlo Schmid will eine Lösung
Inzwischen ist offenbar dennoch Bewegung in die Sache gekommen. Der Innerrhoder Landammann Carlo Schmid nimmt die Probleme der Antennenanwohner ernst. So ernst, dass er Druck macht: Rund um die schlagzeilenträchtige Antenne soll endlich Ruhe einkehren. Schmid, der Geschäftsführer der Ombudsstelle Mobilkommunikation, Rolf Lüthi, und Swisscom-Vertreter Claude Georges treffen sich jetzt in Bern, um auszuhandeln, wie und unter welchen Bedingungen doch eine wissenschaftliche Begleitung des Biogeometrie-Einsatzes am Hirschberg möglich wird. Billig wird die Studie nicht: So sollen sich nebst den drei bis vier betroffenen Familien auch Vergleichspersonen in einem weiteren Umkreis sowie Landwirtschaftsexperten, Mediziner und Fachleute beteiligen, die die Strahlungswerte der Antenne messen - das vor und nach der Anwendung der Biogeometrie sowie bei abgeschalteter Antenne. Wer sich nach Details erkundigt, wird vertröstet: Man wolle die Verhandlungen nicht gefährden.
Broschüre zur Biogeometrie
Das «Wunder von Hemberg» ist inzwischen in einer 48-seitigen Broschüre beschrieben. Die Interessengemeinschaft für einen gesundheitsverträglichen Mobilfunkeinsatz (IGGMF), vertreten durch Bosco Büeler, dokumentiert darin die «Harmonisierung mit Biogeometrie». Die Ärztin Yvonne Gilli hat die körperlichen und psychischen Beschwerden bei rund einem Dutzend Betroffener bewertet. Herausgeber der Schrift ist Ibrahim Karim selbst, der auch die 40 000 Franken Druckkosten für die 2000 Exemplar starke Auflage trägt. «Die Broschüre ist als Fingerzeig zu verstehen, dass in Hemberg tatsächlich etwas geschehen ist», sagt Büeler. Aber eben: Dafür fehlt der wissenschaftliche Beweis.
Sprechstunde
Die Ombudsstelle Mobilkommunikation und Umwelt sieht sich mit gehäuften Anfragen aus der Ostschweiz konfrontiert. Sie gab letzte Woche die Lancierung einer unentgeltlichen ärztlichen Sprechstunde bekannt. Diese Untersuchung und Beratung elektrosensibler Menschen ist der Beratungsstelle des Instituts für Umweltmedizin am Kantonsspital Luzern angegliedert. (cz)
Copyright © St.Galler Tagblatt
http://www.tagblatt.ch/index.jsp?artikel_id=1028189&ressort=ostschweiz
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Für ä tüüfä, gsundä Schlaaf
Holz und Plexiglas: Biogeometrie.
Kampf gegen Elektrosmog: Die Swisscom unterstützt ein umstrittenes Projekt.
Andreas Schmid
Ibrahim Karim steht auf dem Dorfplatz von Hemberg SG und stellt sorgfältig Holzkeulen und Glaskörper auf. Damit, sagt der ägyptische Naturwissenschaftler und diplomierte ETHArchitekt, harmonisiere er die Strahlung der nahen Mobilfunkantenne, damit die von Elektrosmog geplagten Anwohner wieder ruhig schlafen könnten.
Dass die Wirkung der so genannten Biogeometrie heftig umstritten ist, verwundert nicht. Umso mehr, dass die Swisscom unter Führung der Ombudsstelle Mobilkommunikation und Umwelt (OMK) und zusammen mit dem Kanton Appenzell einen Versuch mit Karims Methode lanciert.
Sein Erfolg in Hemberg SG, wo Karim in Gratisarbeit die störenden Strahlen umleitete (FACTS, 29/2004), hat die Verantwortlichen überzeugt. «Das gute Echo bei Anwohnern ist eine Tatsache», sagt OMK-Geschäftsführer Rolf Lüthi. Er möchte daher weiter mit Biogeometrie arbeiten. Begleitet von Ärzten, Physikern und Geologen soll Karim am Hirschberg die hohe Strahlenbelastung beseitigen, verursacht durch Mobilfunkantennen, den Sender Säntis und andere Radio- und TV-Antennen. «Ich will mit dem Projekt die Grundlage für eine gesamtschweizerische Lösung schaffen», sagt Karim.
Seit 2002 wehrt sich die Bevölkerung am Hirschberg gegen die Antennen. Doch niemand unternahm etwas. Die OMK rieb sich auf an Verhandlungen mit Verursachern und Betroffenen, die Telefongesellschaften wiesen die Verantwortung von sich: Man wolle nicht für Beeinträchtigungen aufkommen, die nicht der Mobilfunk verursache, argumentierte die Swisscom. Von dieser Haltung ist sie inzwischen abgerückt und beteiligt sich finanziell am Versuch in Hirschberg. Ob weitere Anbieter dem Beispiel folgen, ist zurzeit offen. Wie so vieles, denn Kosten, Dauer, Beginn und wissenschaftliche Begleitung sind noch nicht definiert.
http://www.facts.ch/dyn/magazin/schweiz/492664.html
Folgt auf das «Wunder von Hemberg» dasjenige vom Hirschberg? Der Ägypter Ibrahim Karim hat auch hier elektrosensiblen Menschen seine Hilfe zugesagt. Noch offen ist, ob sich die Swisscom an den Kosten einer wissenschaftlichen Begleitstudie beteiligen wird.
CHRISTOPH ZWEILI
Die «kosmische Formensprache» des Ägypters Ibrahim Karim polarisiert: Der Geschäftsführer der Vereinigung Elektrosmog-Betroffener Gigaherz.ch, Hans-Ulrich Jakob, beispielsweise nennt die «Biogeometrie» Humbug und Zauberei. Für eine Gruppe von elektrosensiblen Menschen in Hemberg war die Methode des diplomierten ETH-Architekten und Doktors der Wissenschaften aber Heilmittel im Kampf gegen die Umweltverstrahlung.
Karim half vor zwei Jahren in der Hügelsiedlung einer Gruppe von Betroffenen, die über gesundheitliche Beschwerden geklagt hatte, nachdem die Swisscom im Herbst 2002 im katholischen Kirchturm eine Mobilfunkantenne in Betrieb genommen hatte. Die geplagten Anwohner gelangten an die Ombudsstelle Mobilkommunikation. Und die wiederum machte der Swisscom Karims Hilfsangebot schmackhaft. Wichtig zu wissen: Die Swisscom ist zusammen mit den Mobilfunkanbietern Orange und Sunrise Stiftungsgründerin der Ombudsstelle.
Gratisarbeit in Hemberg
In Hemberg hatte Karim noch Gratisarbeit geleistet, einen Aufwand, den der Ägypter gegenüber der Zeitschrift «Facts» mit 100 000 Franken und drei Monaten Zeit bezifferte. Er setzte von ihm entwickelte biogeometrische Figuren aus Holz und Plexiglas ein, welche von der Form her an gedrechselte Stuhlbeine erinnern. Damit will Karim zwölf verschiedene Störquellen außerhalb Hembergs und sieben im Kirchturm in positive Energie umgewandelt haben. Tatsächlich erklärten viele Betroffene danach, dass sie sich nun deutlich besser fühlten. Etwa Rosmarie Keller, deren Haus rund 100 Meter vom Kirchturm entfernt liegt und die unter massiven gesundheitlichen Störungen gelitten hatte. «Wir haben eigentlich erwartet, dass sich die Ombudsstelle Mobilkommunikation zum Vorreiter für die Biogeometrie macht, nachdem Swisscom allein im letzten Jahr geschätzte rund 60 Millionen Franken für Einsprachen aufwenden musste», sagt der grüne Flawiler Kantonsrat und Baubiologe Bosco Büeler. Doch der Telecom-Anbieter habe sich nach sieben Monaten aus dem Projekt verabschiedet, als Ibrahim Karim für seinen Aufwand entschädigt werden wollte, falls er Elektrosmog-Geplagte aus der ganzen Schweiz behandle.
Ohrensausen und Herzflattern
Zumindest einen zweiten Biogeometrie-Feldversuch wird es in der Ostschweiz geben. «Karim muss auch uns helfen», hatte Josef Mazenauer vom Hirschberg in Appenzell im Juni 2004 gefordert. Der pensionierte Schreinermeister und andere Anwohner leiden unter Symptomen wie Kopfweh, Ohrensausen, Zahnschmerzen und Herzflattern, die sie dem 150 Meter entfernten 79 Meter hohen Swisscom-Sendemast zuschreiben. Hier sind acht Mobilfunkantennen, vier Fernseh- und vier Radioantennen sowie eine Telepage-Antenne montiert. Karim hat Josef Mazenauer seine Hilfe fest zugesagt. Eine schulmedizinisch ausgelegte Begleitstudie über die Wirksamkeit der Biogeometrie, wie von Ibrahim Karim gewünscht, werde es auch am Hirschberg nicht geben, «weil derzeit mehrere juristische Verfahren laufen», teilte Claude Georges, Leiter Mobilkommunikation und Umwelt bei Swisscom, vor kurzem auf Anfrage mit.
Carlo Schmid will eine Lösung
Inzwischen ist offenbar dennoch Bewegung in die Sache gekommen. Der Innerrhoder Landammann Carlo Schmid nimmt die Probleme der Antennenanwohner ernst. So ernst, dass er Druck macht: Rund um die schlagzeilenträchtige Antenne soll endlich Ruhe einkehren. Schmid, der Geschäftsführer der Ombudsstelle Mobilkommunikation, Rolf Lüthi, und Swisscom-Vertreter Claude Georges treffen sich jetzt in Bern, um auszuhandeln, wie und unter welchen Bedingungen doch eine wissenschaftliche Begleitung des Biogeometrie-Einsatzes am Hirschberg möglich wird. Billig wird die Studie nicht: So sollen sich nebst den drei bis vier betroffenen Familien auch Vergleichspersonen in einem weiteren Umkreis sowie Landwirtschaftsexperten, Mediziner und Fachleute beteiligen, die die Strahlungswerte der Antenne messen - das vor und nach der Anwendung der Biogeometrie sowie bei abgeschalteter Antenne. Wer sich nach Details erkundigt, wird vertröstet: Man wolle die Verhandlungen nicht gefährden.
Broschüre zur Biogeometrie
Das «Wunder von Hemberg» ist inzwischen in einer 48-seitigen Broschüre beschrieben. Die Interessengemeinschaft für einen gesundheitsverträglichen Mobilfunkeinsatz (IGGMF), vertreten durch Bosco Büeler, dokumentiert darin die «Harmonisierung mit Biogeometrie». Die Ärztin Yvonne Gilli hat die körperlichen und psychischen Beschwerden bei rund einem Dutzend Betroffener bewertet. Herausgeber der Schrift ist Ibrahim Karim selbst, der auch die 40 000 Franken Druckkosten für die 2000 Exemplar starke Auflage trägt. «Die Broschüre ist als Fingerzeig zu verstehen, dass in Hemberg tatsächlich etwas geschehen ist», sagt Büeler. Aber eben: Dafür fehlt der wissenschaftliche Beweis.
Sprechstunde
Die Ombudsstelle Mobilkommunikation und Umwelt sieht sich mit gehäuften Anfragen aus der Ostschweiz konfrontiert. Sie gab letzte Woche die Lancierung einer unentgeltlichen ärztlichen Sprechstunde bekannt. Diese Untersuchung und Beratung elektrosensibler Menschen ist der Beratungsstelle des Instituts für Umweltmedizin am Kantonsspital Luzern angegliedert. (cz)
Copyright © St.Galler Tagblatt
http://www.tagblatt.ch/index.jsp?artikel_id=1028189&ressort=ostschweiz
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Für ä tüüfä, gsundä Schlaaf
Holz und Plexiglas: Biogeometrie.
Kampf gegen Elektrosmog: Die Swisscom unterstützt ein umstrittenes Projekt.
Andreas Schmid
Ibrahim Karim steht auf dem Dorfplatz von Hemberg SG und stellt sorgfältig Holzkeulen und Glaskörper auf. Damit, sagt der ägyptische Naturwissenschaftler und diplomierte ETHArchitekt, harmonisiere er die Strahlung der nahen Mobilfunkantenne, damit die von Elektrosmog geplagten Anwohner wieder ruhig schlafen könnten.
Dass die Wirkung der so genannten Biogeometrie heftig umstritten ist, verwundert nicht. Umso mehr, dass die Swisscom unter Führung der Ombudsstelle Mobilkommunikation und Umwelt (OMK) und zusammen mit dem Kanton Appenzell einen Versuch mit Karims Methode lanciert.
Sein Erfolg in Hemberg SG, wo Karim in Gratisarbeit die störenden Strahlen umleitete (FACTS, 29/2004), hat die Verantwortlichen überzeugt. «Das gute Echo bei Anwohnern ist eine Tatsache», sagt OMK-Geschäftsführer Rolf Lüthi. Er möchte daher weiter mit Biogeometrie arbeiten. Begleitet von Ärzten, Physikern und Geologen soll Karim am Hirschberg die hohe Strahlenbelastung beseitigen, verursacht durch Mobilfunkantennen, den Sender Säntis und andere Radio- und TV-Antennen. «Ich will mit dem Projekt die Grundlage für eine gesamtschweizerische Lösung schaffen», sagt Karim.
Seit 2002 wehrt sich die Bevölkerung am Hirschberg gegen die Antennen. Doch niemand unternahm etwas. Die OMK rieb sich auf an Verhandlungen mit Verursachern und Betroffenen, die Telefongesellschaften wiesen die Verantwortung von sich: Man wolle nicht für Beeinträchtigungen aufkommen, die nicht der Mobilfunk verursache, argumentierte die Swisscom. Von dieser Haltung ist sie inzwischen abgerückt und beteiligt sich finanziell am Versuch in Hirschberg. Ob weitere Anbieter dem Beispiel folgen, ist zurzeit offen. Wie so vieles, denn Kosten, Dauer, Beginn und wissenschaftliche Begleitung sind noch nicht definiert.
http://www.facts.ch/dyn/magazin/schweiz/492664.html
Starmail - 9. Apr, 01:03