McProtz meets Hartz IV
28.08.2004
Am Freitag trafen in Berlin 4.500 Mitarbeiter und Gäste des Rationalisierers McKinsey auf ein knappes Hundert Gegner von Hartz IV, die ihrerseits von mehr als 500 Polizisten begleitet wurden. Die protzige Inszenierung des Firmenjubiläums von McKinsey ist aber nicht nur ein Stein des Anstoßes, in dieser Stadt mit ihrer wachsenden Armut, sie gibt auch Denkanstöße und wirft ein erhellendes Licht auf Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft, meint Harald Werner, Mitglied des Parteivorstandes.
Manches an diesem spektakulären Fest gibt zu denken. Da wäre zunächst einmal die Selbstverständlichkeit, mit der der Milliarden schwere Rationalisierungskonzern und seine Spitzenverdiener den öffentlichen Raum besetzten, um Glanz und Erfolg der neoliberalen Eingreiftruppe zu feiern. Ob Brandenburger Tor, Staatsoper, Humboldt Uni oder Palast der Republik - alles McKinsey-Land. Kein abgeschirmter Festsaal, sondern die gute Stube Berlins war gerade gut genug, um auf den Linden flanierend hier ein Schlückchen Sekt oder da ein Hummerbeinchen zu goutieren, die Armani-Garderobe auszuführen und die Privatisierung öffentlicher Güter einmal von der angenehmen Seite zu genießen. Man fühlt sich in feudale Zeiten zurück versetzt und möchte sich beinahe wünschen, dass das Millionenheer der Arbeitslosen demnächst auf die gleiche Weise die privaten Refugien der Bestverdienenden heimsucht.
Das wäre ein Fest, wenn plötzlich allen alles gehört. So aber gehörten Oper und Humboldt Uni zunächst einmal McKinsey. Natürlich kostenfrei, von wegen Sponsoring, denn immerhin verdient McKinsey Millionen an der Durchrationalisierung öffentlicher Einrichtungen - gerade auch in Berlin.
Und dann diese wunderbare Symbolik: Gibt es eine treffendere Metapher für den Siegeszug der kapitalistischen Modernisierung, als wenn die neoliberale Elite durch die Ruinen des Palast der Republik schlendert?
Muss man den vereinzelten und vom übermächtigen Polizeischutz hoffnungslos abgeschirmten Hartz-Gegnern nicht dankbar sein, dass sie ihrerseits ein ganz anderes Symbol setzten? Ist es nicht überaus symbolträchtig, wenn hierzulande Obdachlose mit Polizeigewalt aus den Bahnhöfen vertrieben werden, während der öffentliche Raum der Spaßgesellschaft immer mehr zur Kulisse umfunktioniert wird, in der der bessere Teil der Gesellschaft seine Events inszeniert? Nun gut, schon bald wird dieser Raum wieder der Montagsdemo gehören und noch koexistieren diese widersprüchlichen Realitäten - hier der selbstgefällige Reichtum der Modernisierungsgewinner, dort der soziale Protest der Verlierer.
Aber wie viel Widersprüche verträgt diese Gesellschaft, und wie lange noch? Wer sich fragt, woher der Triebkraft der Montagsdemos kommt, der wird nicht nur Hartz IV studieren müssen, sondern muss genau diese Gegensätze ins Auge fassen: Das Nebeneinander von Sozialkürzungen und öffentlicher Wohlstandsdemonstration ist nicht nur sozial unverträglich, es ist eine soziale Demütigung, die nicht ohne Folgen bleiben wird. Vielleicht Folgen, die sich niemand von uns wünschen mag.
URL:
http://sozialisten.de/presse/presseerklaerungen/view_html?zid=23257
Datum: 28.08.2004
© www.sozialisten.de
Am Freitag trafen in Berlin 4.500 Mitarbeiter und Gäste des Rationalisierers McKinsey auf ein knappes Hundert Gegner von Hartz IV, die ihrerseits von mehr als 500 Polizisten begleitet wurden. Die protzige Inszenierung des Firmenjubiläums von McKinsey ist aber nicht nur ein Stein des Anstoßes, in dieser Stadt mit ihrer wachsenden Armut, sie gibt auch Denkanstöße und wirft ein erhellendes Licht auf Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft, meint Harald Werner, Mitglied des Parteivorstandes.
Manches an diesem spektakulären Fest gibt zu denken. Da wäre zunächst einmal die Selbstverständlichkeit, mit der der Milliarden schwere Rationalisierungskonzern und seine Spitzenverdiener den öffentlichen Raum besetzten, um Glanz und Erfolg der neoliberalen Eingreiftruppe zu feiern. Ob Brandenburger Tor, Staatsoper, Humboldt Uni oder Palast der Republik - alles McKinsey-Land. Kein abgeschirmter Festsaal, sondern die gute Stube Berlins war gerade gut genug, um auf den Linden flanierend hier ein Schlückchen Sekt oder da ein Hummerbeinchen zu goutieren, die Armani-Garderobe auszuführen und die Privatisierung öffentlicher Güter einmal von der angenehmen Seite zu genießen. Man fühlt sich in feudale Zeiten zurück versetzt und möchte sich beinahe wünschen, dass das Millionenheer der Arbeitslosen demnächst auf die gleiche Weise die privaten Refugien der Bestverdienenden heimsucht.
Das wäre ein Fest, wenn plötzlich allen alles gehört. So aber gehörten Oper und Humboldt Uni zunächst einmal McKinsey. Natürlich kostenfrei, von wegen Sponsoring, denn immerhin verdient McKinsey Millionen an der Durchrationalisierung öffentlicher Einrichtungen - gerade auch in Berlin.
Und dann diese wunderbare Symbolik: Gibt es eine treffendere Metapher für den Siegeszug der kapitalistischen Modernisierung, als wenn die neoliberale Elite durch die Ruinen des Palast der Republik schlendert?
Muss man den vereinzelten und vom übermächtigen Polizeischutz hoffnungslos abgeschirmten Hartz-Gegnern nicht dankbar sein, dass sie ihrerseits ein ganz anderes Symbol setzten? Ist es nicht überaus symbolträchtig, wenn hierzulande Obdachlose mit Polizeigewalt aus den Bahnhöfen vertrieben werden, während der öffentliche Raum der Spaßgesellschaft immer mehr zur Kulisse umfunktioniert wird, in der der bessere Teil der Gesellschaft seine Events inszeniert? Nun gut, schon bald wird dieser Raum wieder der Montagsdemo gehören und noch koexistieren diese widersprüchlichen Realitäten - hier der selbstgefällige Reichtum der Modernisierungsgewinner, dort der soziale Protest der Verlierer.
Aber wie viel Widersprüche verträgt diese Gesellschaft, und wie lange noch? Wer sich fragt, woher der Triebkraft der Montagsdemos kommt, der wird nicht nur Hartz IV studieren müssen, sondern muss genau diese Gegensätze ins Auge fassen: Das Nebeneinander von Sozialkürzungen und öffentlicher Wohlstandsdemonstration ist nicht nur sozial unverträglich, es ist eine soziale Demütigung, die nicht ohne Folgen bleiben wird. Vielleicht Folgen, die sich niemand von uns wünschen mag.
URL:
http://sozialisten.de/presse/presseerklaerungen/view_html?zid=23257
Datum: 28.08.2004
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Starmail - 30. Aug, 12:03