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Sep
2006

Handys schädlich oder unschädlich?

Öffentliche Stellungnahme des Bündnisses saarländischer Bürgerinitiativen

HLV INFO 103/AT

19-09-2006

Volker Hartenstein, MdL a.D.
19-09-06


Öffentliche Stellungnahme des Bündnisses saarländischer Bürgerinitiativen MF. An Bürger in allen Teilen des Landes, Politiker, Medienvertreter und Fachkräfte

Auf verschiedenen Wegen erreichen uns z. Zt. folgende Vorwürfe:

1. Wir seien in Rehlingen für eine Lösung, gegen die wir uns in Rohrbach wenden.

2. Wir kritisierten ausgiebigen Handykonsum, obwohl gerade jetzt die Unbedenklichkeit des mobilen Telefonierens bestätigt worden sei. Wir nehmen zu beidem wie folgt Stellung:

1. Antennen auf Privatdächern mitten in Wohngebieten oder höhere Masten auf Sportplätzen etwas weiter entfernt?

Die Frage stellt sich u. E. gegenwärtig nicht so, weil in Rohrbach ein dritter Weg gesucht wird. Aber sie zeigt auch die Unsinnigkeit eines Systems, das Bürgern allenfalls die Wahl zwischen größeren und kleineren Übeln läßt. Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Mobilfunk. Aber wir halten seine UMTS-Variante, die uns die Antennen bis auf 10m-Abstände an die Schlafzimmer heranrückt, in technischer Hinsicht für antiquiert, weil es längst tausendfach schnellere Techniken gibt; in gesundheitlicher Hinsicht für unverantwortlich, weil die industrieunabhängige Forschung schwerwiegende Schädigungen prophezeit ; in gesellschaftspolitischer Hinsicht für kurzsichtig, weil der allenthalben beobachtbare Einsatz an Lüge und Gewalttätigkeit den Vertrauensschwund der Bürger nicht nur gegenüber der Mobilfunkindustrie, sondern auch gegenüber der herrschenden Klasse beschleunigt.

2. Handys schädlich oder unschädlich? Oder: Wie unsere kapitalistische Marktwirtschaft funktioniert

Die mit viel Geld und Energie in die öffentlichen Medien gebrachte grundsätzliche Entwarnung für mobiles Telefonieren bezieht sich in der Regel auf die internationale 'Interphone-Studie' ("Cellular phones, cordless phones, and the risks of glioma and meningioma"), die nach einem ersten Beobachtungszeitraum von 2000-2003 noch wenig Beunruhigendes feststellen konnte. Doch die manipulative Meinungsmache unterschlägt einen ganz wesentlichen Teil der wissenschaftlichen Aussagen. Um es an der Halbierung einer Zusammenfassung des Medizinischen Instituts der Univerität Mainz zu verdeutlichen: "In conclusion, no overall increased risk of glioma or meningioma was observed among these cellular phone users; however, for long-term cellular phone users, results need to be confirmed before firm conclusions can be drawn" (PMID 16443797).

Dieser Nachsatz, der in der Aufnahme und Weiterverbreitung zumeist unterschlagen wird, trägt einem Erfordernis Rechnung, das Prof. Karl Hecht von der Berliner Charité nach einer Auswertung von rund 1500 russischer Studien zur Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder für unverzichtbar hält: der Berücksichtigung eines Langzeitfaktors, für den drei Jahre noch eine vergleichsweise lächerliche Größe sind (wie beim Rauchen). Der Forschungsbericht von Hecht hat ebenfalls ergeben (etwas schematisiert): in den ersten 5 Jahren noch kaum Wirkungen; in den nächsten fünf schon mehr; ab 10 Jahren dann eine signifikante Zunahme chronischer Erkrankungen (vgl. Karl Hecht: Strahlende Energie und die Folgen für die Gesundheit der Menschen. In: Martin Runge u.a.: Mobilfunk, Gesundheit und die Politik. Münster 2006). Das Freundlichste, was man derzeit nach dem Stand einer industrieunabhängigen Forschung sagen kann ist, daß wir über die Größenordnung der Schädigungen noch nicht urteilen können. - Grenzwerte und Meßkataster, die den Zeitfaktor nicht berücksichtigen, dienen nach Hecht nur der Verharmlosung und Verschleierung der Risiken. - Wie anders man mit den Risiken umgehen kann, zeigt ein angehängter Appell der österreichischen Ärztekammer.

Parallel zur angelaufenen Werbekampagne für die neuen 'Alleskönner', mit denen wir auch fernsehen etc. können, versucht die Mobilfunkindustrie alles aus dem Weg zu räumen, was den noch nicht recht florierenden Absatz behindern könnte: So bietet der Verband der Mobilfunkindustrie auch Schulungen für Ärzte an, die uns vom unbedenklichen Kauf der UMTS-Handys überzeugen sollen. (Ein Teilnehmerprotokoll als Beleg im Anhang). Den Aufwand an Geld und Manipulation, die ebenso seriöse wie kritische niederländische TNO (Entsprechung zu unserem Fraunhofer-Institut) -Studie zur Problematik von UMTS zu entkräften, analysiert ein Schweizer Kritiker-Team von W. Kuhn, Ing. L. Gephart u.a. in dem angehängten weiteren Beitrag.

Seit der Annahme von 50-Milliarden EUR haben sich deutsche Regierungen zum Auftraggeber und Förderer solcher Entwicklungen gemacht, statt sie zu kontrollieren, wie es ihre Aufgabe wäre. Als Bündnis kritischer Demokraten sind wir jedem Politiker, Wissenschaftler und Arzt, vor allem aber auch jedem Journalisten in dieser Situation für Verantwortungsbewußtsein und Widerstandbereitschaft dankbar, auf die unsere Demokratie in solchen Situtionen angewiesen sind.

Soweit die Entwarnungen bereits in Umlauf gebracht wurden, bitten wir im Sinne eines fairen Pro und Contra um entsprechende Differenzierungen.

Unsere Stellungnahme kann beliebig weiterverbreitet werden - im Idealfall mit Anhängen, behelfsweise aber auch ohne sie.

Im Auftrag des Bündnisses saarländischer Bürgerinitiativen Mobilfunk

MF

Karl Richter

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