29
Jan
2006

Atomkrieg gegen Iran: das Zündeln geht weiter

http://www.sueddeutsche.de/,tt5m2/ausland/artikel/133/69064/

Nach einer Atempause wird nun das Zündeln für den nächsten Krieg fortgesetzt. Anscheinend sind durch BND und BKA Informationen an deutsche Medien, wie den Focus, gestreut worden, nach denen sich der Iran um Massenvernichtungswaffen bemühe. Die Qualität dieser Infos sind genauso vage, wie die der Falschinformationen, die die US-Regierung zur Begründung des Irakkriegs benutzte.

Wie aus der amerikanischen Praxis bekannt, werden die Informationen, die die Gefährlichkeit des Iran (und die daraus folgende Begründung für einen vorsorgliche Angriff) belegen sollen, in einer Grauzone der Berichterstattung aufgetischt: die Grundlage sind angebliche Unterlagen von BND und BKA, die iranische Aufrüstungsbemühungen belegen sollen. Von den Quellen selbst wird dabei weder bestätigt noch dementiert, so dass man sich dort der Verantwortlichkeit für diese Meldungen entzieht. Eine Nachprüfbarkeit dieser Meldungen ist somit ebenfalls nicht gegeben und im Ergebnis ist ein solches Verfahren der Desinformation vorteilhafter arrangiert, als etwa im Fall der sogenannten "Niger-Connection": hier hatte Bush vor dem Irakkrieg 2003 erklärt, es gebe Belege dafür, dass sich Saddam Hussein um Kernspaltmaterial aus dem Niger bemühe. Die Belege wurden wenig später vom früheren US-Botschafter Wilson als plumpe Fälschung enttarnt.

Ungeachtet der dubiosen Herkunft der aktuellen Meldungen und des Mangels an Belegen wird die resultierende Aussage, dass die iranische Regierung in Massenvernichtungswaffen investiert, von den deutschen Medien, wie etwa der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 29.1. auf der Frontseite platziert mit der Erklärung: "Die Hinweise auf ein geheimes militärisches Nuklearprogramm Teherans verdichten sich".

Vom Focus wird die ursprüngliche "Nachricht" garniert mit dem Foto eines diabolisch grinsenden iranischen Präsidenten.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Versuch, den offenbar seit geraumer Zeit geplanten Krieg gegen den Iran zu begründen, verfängt, und der erste Atomkrieg in der Geschichte der Menschheit erfolgreich vom Zaun gebrochen werden kann.

Die Strategie auf diesem Weg scheint es derzeit zu sein, dem Publikum einerseits eine unberechenbare, aggressive und brandgefährliche iranische Regierung vorzuführen, während die westlichen Regierungen darauf angeblich mit einem Übermaß an Geduld und Toleranz reagieren (ohne darauf einzugehen, dass das eigene Potenzial an Massenvernichtungswaffen im Vergleich zu dem des Iran gigantisch ist und dabei die Vorschriften des Atomwaffensperrvertrags notorisch ignoriert werden).

Der Westen sei dennoch zurückhaltend mit seiner Reaktion und erwäge nichts weiter, als ökonomische Druckmittel gegenüber dem Iran und - im Extremfall - ein paar "chirurgische Schläge" gegen iranische Atomanlagen. Wie aus einer "Drohgebärde" und anschließend "chirurgischen Schlägen" ein ausgewachsener, langanhaltender Bombenkrieg, verbunden mit einer umfangreichen Zerstörung ziviler und wirtschaftlicher Infrastruktur des Feindstaates wird, konnten wir zuletzt anlässlich des Kosovokriegs beobachten, als in erster Linie die Industrieanlagen Serbiens, zivile Infrastruktur, wie Brücken, Kraftwerke und Bahnstrecken durch die Bomben der Angreifer zerstört wurden. Im Fall des Iran erfahren wir von Militärexperten, dass durch die angeblich erwogenen Präzisionsangriffe eine Ausschaltung der militärischen Infrastruktur des Iran nicht erreicht werden könne, und dass dies nur durch einen umfassenden Krieg möglich sei.

Ein solcher umfassender Krieg jedoch wird sich dem Publikum schwer "verkaufen" lassen, so dass man sich vorerst darauf beschränkt, ökonomische Druckmittel oder die besagten "chirurgischen Schläge" zu annoncieren. Wenn sich im Gegenzug der Iran gegen einen Angriff wehrt und es zu Opfern auf seiten der westlichen Kriegskoalition kommt, dann wird die weitere Eskalation des Kriegs kein Problem mehr bereiten - wenn die Bürger der kriegführenden Angreiferstaaten keine massiven Vorbehalte geltend machen.

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