24.08.2004
Über 130 000 Montagsdemonstranten - Zuspruch steigt
Zu Rechenexempeln der Medien, nach denen der Zuspruch zu den Montagsdemonstrationen mit 70 000 hinter dem der Vorwoche zurückgeblieben sei, erklärt Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz:
Auch wenn es am Ausgangspunkt der Montagsdemonstrationen in Magdeburg gestern mit 8000 Demonstranten etwas weniger als in den Vorwochen waren, ist dies beileibe kein bundesweit zu verzeichnender Trend.
Vorschnelle Rechenexempel am gestrigen Abend berücksichtigten nicht die Vielzahl von insgesamt 150 Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet. Nach Informationen der PDS in den Ländern haben gestern über 130 000 Menschen an den Demonstrationen teilgenommen. Die Angaben stützen sich auf Mitteilungen der Veranstalter und der Polizei.
Demnach ist der Zuspruch gegenüber der Vorwoche deutlich gestiegen. Der Schwerpunkt der Demonstrationen liegt im Osten. Allein in Sachsen waren 42 000 Menschen auf den Straßen, in Sachsen-Anhalt 20 000, in Brandenburg 17 000, in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin jeweils 15 000 und in Thüringen, wo die Demonstrationen wie in der Landeshauptstadt zum Teil traditionell am Donnerstag stattfinden, 12 000.
Auch im Westen sind steigende Teilnehmerzahlen zu registrieren. So haben in NRW an 29 Veranstaltungen insgesamt 8300 Menschen teilgenommen. In weiteren westdeutschen Städten gab es Demonstrationen mit insgesamt mehreren Tausend Teilnehmern.
Wenn die Ostdeutschen nun wieder auf die Straße gehen und dies im Westen zunehmend Resonanz findet, ist das Ausdruck eines wachsenden demokratischen Selbstbewusstseins. Ich warne davor, dass mit "Augen zu und durch" zu beantworten. Die Demonstranten erwarten Lösungen von der Politik und schlagen selbst solche vor. Es muss das nahe liegende Ziel sein, das Inkrafttreten von Hartz IV zu verhindern. Hartz IV ist Gift für den Osten und strukturschwache Regionen im Westen. Das wissen die Demonstranten, sie werden deshalb wiederkommen. Die Politik muss sich wieder daran orientieren, Menschen existenzsichernde Arbeit zu ermöglichen, statt sie auf möglichst niedrigem Niveau zu alimentieren.
Der Parteivorstand der PDS teilt das Anliegen der Demonstranten und unterstützt dieses. Er empfiehlt deshalb den Mitgliedern der PDS, sich weiterhin an den gewaltfreien Demonstrationen zu beteiligen. Zugleich ist er der Auffassung, dass keine politische Partei oder Organisation diese Aktionen für ihre Interessen und Zwecke vereinnahmen kann und sollte.
Die Demonstrationen erinnern nicht zufällig an die Vorgänge des Herbstes 1989. Damals war die herrschende Politik unfähig, die Anliegen der Demonstranten aufzunehmen, zu verstehen und Veränderungen einzuleiten. Die heutige und ausdrückliche Berufung auf die damaligen Montagsdemonstrationen ist nach unserer Auffassung deshalb legitim und richtig. Ihre Verunglimpfung durch verschiedene Politiker zeigt, dass diese nicht in der Lage sind, die tatsächlichen sozialen Probleme vieler Menschen zu verstehen. Die Demonstrationen sind entgegen der Behauptung des Bundeskanzlers Schröder keine Volksfront von CDU und PDS, sondern sind eine eigenständige soziale Bewegung von Teilen der Bevölkerung selbst. Sie ist eine Bewegung, die sich vor rechtsextremer Vereinnahmung zu schützen weiß.
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Datum: 24.08.2004
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