10
Sep
2004

Argumente der Mobilfunkbetreiber widerlegt

Folgender Text vom März 1999 stammt von Univ. Prof. Dr. Michael KUNDI, Leiter der Abteilung für Arbeits- und Sozialhygiene am Institut für Umwelthygiene, Medizinische Fakultät der Universität Wien. Er setzt sich hier in kritisch Weise auf wissenschaftlicher Ebene mit den oft sehr einseitigen Argumenten der Mobilfunkbetreiber auseinander, für die mögliche gesundheitliche Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern des Mobilfunkes nicht existent sind und bestenfalls ein psychisches Problem der Anrainer.

Mögliche gesundheitliche Auswirkungen von GSM-Sendern

Durch den mehrfach flächendeckenden Ausbau des Mobilfunknetzes mit mehreren Tausend über ganz Österreich verteilten Basisstationen ist ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung in unmittelbarer Nachbarschaft mit Antennenanlagen konfrontiert.

Viele sind besorgt, durch diese Anlagen Nachteile für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu erleiden. Auch viele der inzwischen über 2 Millionen Handy-Benutzer, die teilweise aus beruflichen oder anderen zwingenden Gründen ein Handy benötigen, klagen über Beschwerden oder befürchten, daß ihre Gesundheit beeinträchtigt wird.

Auf der anderen Seite stehen die Netzbetreiber, die dem Staat viel Geld für die Lizenz bezahlt haben und zum Ausbau des Netzes vom Staat verpflichtet wurden. Es werden von den Netzbetreibern selbstverständlich die zahlreichen Bestimmungen der Bundes- und Landesgesetze und Verordnungen eingehalten und sie haben auch bislang volle Rückendeckung von Seiten der beteiligten Bundesministerien.

Aber garantiert die Einhaltung dieser Vorschriften in ausreichendem Maße, daß die betroffene Bevölkerung keine gesundheitlichen Nachteile in Kauf nehmen muß?

Diese zentrale Frage soll anhand der wichtigsten Argumente der Netzbetreiber erörtert werden.

Wenn man von den ganz dummen Argumenten (z.B. eine Glühbirne hat 100 W ein Handy höchstens 2 W) absieht, dann kann man die zentralen Aussagen der Netzbetreiber und ihres Dachverbandes in die unten folgenden drei Statements zusammenfassen.

Ich werde versuchen, glaubhaft zu machen, daß alle diese Aussagen falsch sind.

Aussage 1 der Netzbetreiber:

"Elektromagnetische Felder, wie sie Basisstationen aussenden, sind nichts Neues. Wir sind seit Jahrzehnten ganz ähnlichen Feldern aus Fernsehsendeanlagen ausgesetzt und haben noch keinen Schaden genommen."

In dieser Aussage stecken zwei Argumente:

Argument 1: Basisstationen senden ähnlich wie Fernsehsender und

Argument 2: Felder von Fernsehsendern sind unschädlich.

Beide Argumente sind in ihrem wesentlichen Inhalt falsch. Richtig ist, daß das UHF-Band des Fernsehens (bis 860 MHz) nahe an die Mobilfunkfrequenzen heranreicht (GSM900: 935 bis 960 MHz, DCS1800: 1805 bis 1880 MHz). Aber das ist auch schon die einzige Ähnlichkeit. Mobilfunk-Basisstationen funktionieren nach einem Zeitschlitzverfahren. An jeder Basisstation sind mindestens zwei Kanäle aktiv. Ein Kanal, der Organisationskanal, sendet in allen Zeitschlitzen, der oder die anderen in jeweils so vielen Zeitschlitzen von 577 µs Dauer, wie Gespräche abgewickelt werden. Alle 4.6 ms (d.h. 217-mal pro Sekunde) wird pro Gespräch ein Hochfrequenzpuls von 577 µs Dauer ausgesendet. Deshalb spricht man von Pulsmodulation. Je nach Anzahl gleichzeitig übertragener Gespräche liegt diese Pulsrate zwischen 217 Hz und 1736 Hz. Das Fernsehsignal wird völlig anders übertragen. Es wird aufgeteilt in Bild- und Tonsignal auf die beiden Hochfrequenzträger aufmoduliert. Dabei wird das Tonsignal frequenzmoduliert und das Bildsignal (negativ) amplitudenmoduliert. Zusätzlich wird ein Synchronpuls von 4,7 µs Dauer mit 15625 Hz Wiederholfrequenz übertragen.

Dementsprechend unterscheiden sich auch die Spektren eines Fernsehsenders und einer Basisstation ganz erheblich. Biologisch gesehen gibt es entscheidende Unterschiede zwischen einer Basisstation und einer Fernsehsendeantenne: Die wesentlich höhere Pulswiederholfrequenz und 100-fach kürzere Pulsdauer sowie die Einbettung in das ,Rauschen` des Bildsignals ist nach allem, was wir heute wissen, biologisch weniger wirksam als die pulsmodulierten Signale einer Basisstation.

Dennoch, und damit sind wir bei Argument 2, gibt es Hinweise aus mehreren epidemiologischen Untersuchungen, die in den letzten 5 Jahren veröffentlicht wurden, daß es im Umkreis von Fernsehsendeantennen zu einer erhöhten Rate von gesundheitlichen Störungen kommt. Sollten sich diese Befunde erhärten, dann fällt sie gesamte Argumentation in sich zusammen. Ich bin allerdings der Ansicht, daß man wegen der Unterschiede der beiden Technologien aus eventuell nachweisbaren Schadwirkungen von Fernsehsendeantennen nicht auf die von Basisstationen schließen kann.

Aussage 2 der Netzbetreiber:

"Hochfrequente elektromagnetische Felder wurden gründlich untersucht und es wurde bisher noch kein Hinweis gefunden, daß sie gesundheitsschädlich sind."

Es gibt tatsächlich hunderte wenn nicht tausende wissenschaftliche Untersuchungen zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern. Dennoch kann man nicht sagen, daß sie gründlich untersucht worden sind.

Das liegt an der ungeheuren Komplexität der Expositionsbedingungen, die in der gesamten Toxikologie ihresgleichen nicht findet. Man muß nicht nur die verschiedenen Frequenzen unterscheiden, sondern auch die Intensitätsbereiche, die verschiedenen Modulationsverfahren und deren Parameter, die Polarisation, Fern- oder Nahfeldbedingungen, Kurz- oder Langzeitexposition, intermittierende oder Dauerexposition und auch die Tageszeit der Exposition (weil die Empfindlichkeit der Organismen von der Tageszeit abhängen kann).

Wenn wir die GSM-Technik betrachten, dann schrumpft die Vielzahl der Untersuchungen auf ganz wenige zusammen und für den DCS1800 Bereich gibt es praktisch überhaupt keine Untersuchungen der biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen. Aber selbst die wenigen Untersuchungen, die heute vorliegen, liefern schon hinreichend viele Hinweise, daß Felder, wie sie von Mobilfunkeinrichtungen ausgehen, gesundheitsschädlich sind.

Ist es kein Hinweis auf Gesundheitsschädlichkeit, wenn in einem Versuch Mäuse 1 1/2 Jahre lang täglich eine Stunde einem gepulsten 900 MHz Feld ausgesetzt werden, und diese Mäuse dann mehr als doppelt so viele Lymphome entwickeln wie nicht exponierte Kontrolltiere?

Ist es kein Hinweis auf Gesundheitsschädlichkeit, wenn menschliche Blutzellen nach einer halben Stunde Exposition in der Nähe einer Basisstation um vieles empfindlicher auf eine giftige Substanz reagieren als nicht exponierte Kontrollproben? Die Liste solcher Befunde läßt sich noch weiter fortsetzen.

Es gibt aber nicht nur Hinweise auf Gesundheitsstörungen, sondern auch solche auf funktionelle Störungen und Änderungen der Homöostase. Es wurden Veränderungen des Wach- und Schlaf- EEG (Hirnstromkurven) und Blutdruckanstiege bei so niedrigen Expositionen gefunden, daß wir heute noch keine klare Vorstellung haben, durch welche Mechanismen diese Veränderungen hervorgerufen werden.

Weiters zeigen Tierversuche, daß die Exposition mit Hochfrequenzfeldern psychologische Auswirkungen wie z.B. Gedächtnisstörungen hat. Zusammenfassend kann man sagen, daß gerade die Mobilfunktechnologie hinsichtlich ihrer biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen keineswegs gründlich untersucht wurde, daß aber die wenigen Befunde, die bislang vorliegen, durchaus bedenkliche Hinweise geben.

Aussage 3 der Netzbetreiber:

"Die in Österreich angewendeten Grenzwerte der ÖNORM S1120 (Vornorm) und die von der ICNIRP (WHO) empfohlenen Grenzwerte sind Vorsorgewerte und bieten einen ausreichenden Schutz vor Schadwirkungen."

Wegen der oben erwähnten ungeheuren Vielfalt von elektromagnetischen Feldern, denen wir ausgesetzt sein können, muß man sich bei der Grenzwertfestlegung notwendigerweise auf allgemeine Prinzipien stützen, weil es unmöglich ist, jede denkbare Kombination von Feldbedingungen einzeln zu untersuchen. Praktisch alle derzeit angewandten Grenzwerte stützen sich auf die folgenden fünf Grundsätze: das Prinzip thermischer Effekte, das Kurzeit-Expositions-Prinzip, das Prinzip der kontinuierlichen Welle, das Zeit-Dosis-Reziprozitätsprinzip und das Additivitätsprinzip. Man kann noch ein weiteres Prinzip hinzufügen, nämlich das Prinzip der Effektschwellen, dieses ist aber implizit in den fünf genannten bereits enthalten.

Legen wir den heutigen Kenntnisstand zugrunde, kann man sagen, daß diese Prinzipien alle entweder erwiesenermaßen falsch sind oder eine so dünne Basis haben, daß man keine Aussage über ihre Gültigkeit machen kann. Wichtiger noch als die Tatsache, daß das wissenschaftliche Fundament der Grenzwerte brüchig ist, ist die Tatsache, daß das Vorsorgeprinzip darin in keiner Weise verankert ist. Die einzige Stoßrichtung der Grenzwerte (auch die der ICNIRP) ist die Verhinderung einer gesundheitsschädlichen Temperaturerhöhung durch kurzzeitige Bestrahlung mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern. Eine Einbeziehung des Vorsorgegedankens würde nicht nach dem fragen, was als gesichertes Wissen gelten kann, sondern nach sorgfältig erhobenen Befunden, die nicht auf gesicherten Mechanismen beruhen. Es würde notwendig sein, nach den niedrigsten Dosen zu suchen, die noch unerwünschte Effekte hervorrufen. Es würde notwendig sein, danach zu fragen, was bei jahrelanger Exposition an Effekten auftreten könnte. Das alles ist nicht geschehen. Im Gegenteil: Viele Hinweise wurden entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder als noch nicht ausreichend gesichert aus den Grenzwertüberlegungen ausgeschlossen. Also das gerade Gegenteil einer vorsorgeorientierten Vorgangsweise!

Man kann zusammenfassen:

* Es gibt nur wenige Untersuchungen zu biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern, wie sie im Mobilfunk eingesetzt werden.

* Wegen der großen Bedeutung für die Volksgesundheit ist die Forschung raschest voranzutreiben.

* Die derzeit angewandten Grenzwerte beruhen nicht auf dem Prinzip der Vorsorge. Eine verantwortungsvolle Analyse der vorliegenden Fakten ergibt die Notwendigkeit zu einer deutlichen Reduktion der Grenzwerte - auch auf die Gefahr hin, daß sich später herausstellen sollte, daß man zu vorsichtig war.

* Zur Rechtssicherheit für alle Beteiligten ist (möglichst überregional) eine gesetzliche Regelung der maximal zulässigen Immissionen anzustreben. Die Grenzwerte müssen - nach dem derzeitigen Wissenstand - das Modulationsverfahren berücksichtigen.

* Die Netzbetreiber müssen verpflichtet werden, den Behörden die Standorte und technischen Details aller Antennenanlagen bekannt zu geben, einerseits um der Behörde die Möglichkeit einer Bedarfsprüfung und andererseits um der Bevölkerung Einblick in die Quellen von HF Feldern zu geben.

* Die Handyhersteller müssen im Sinne des Konsumentenschutzes und der Informationspflicht dazu verhalten werden, Angaben über die Belastung des Benutzers mit elektromagnetischen Feldern zu machen.

http://www.dasing-gegen-mobilfunksender.de/argumente.html

--------

Richtigstellungen von Unwahrheiten der Mobilfunk-Betreiberfirmen
http://omega.twoday.net/stories/373389/

Die besten Argumente gegen Mobilfunk
http://www.izgmf.de/Argumente/argumente.html

Die Mobilfunkantenne sendet noch nicht, aber die Anwohner klagen bereits über Beschwerden
http://omega.twoday.net/stories/454167/

Betreiberargumente widerlegt
http://www.elektrosmognews.de/news/flachsmeer.htm

Vergleich zwischen Sendeleistung von Handys und Mobilfunkanlagen
http://omega.twoday.net/stories/327524/

Kein neuer Stand beim Funkmast
http://omega.twoday.net/stories/1158946/

Forscher und Forschungsergebnisse von der Industrie bezahlt
http://www.buergerwelle.de/pdf/forscher_und_forschungsergebnisse_von_der_industrie_bezahlt.htm

Strahlenmessungen
http://omega.twoday.net/stories/326599/

The Perils Of Electropollution
http://mindcontrol.twoday.net/stories/440362/
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