Mieterverein schockiert:
800 Hartz IV-Haushalte vor Zwangsumzug?
Die Stadt Bochum will 800 ALG II-Haushalte zum Umzug in eine billigere Wohnung zwingen. Das geht aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung für die Sitzung des Sozialausschusses am Donnerstag hervor.
Darin empfiehlt die Verwaltung, bei der Beurteilung der Angemessenheit der Unterkunft die bisherigen Richtlinien der Sozialverwaltung unverändert anzuwenden. In diesen Richtlinien ist die angemessene Unterkunft nach Mietspiegel so beschrieben: Baujahr bis maximal 1969, Ausstattungsklasse I (ohne Wärmedämmung), normale Wohnlage, keine Zuschläge für Balkon, Gegensprechanlage oder Gäste-WC, Größen von 45, 60, 75, 90 qm für 1-, 2-, 3- und 4-Personen-Haushalte.
Zuvor legt die Verwaltung die Zahlen vor, die im April fehlten - aus Sicht des Mietervereins ein wahrer Horrorkatalog:
2358 ALG II-Haushalte in Bochum haben nach diesen Regeln unangemessen hohe Unterkunftskosten. Das entspricht einem Anteil von 13 %. Bei zwei Dritteln davon ist die Überschreitung geringfügig (bis 40 € im Monat), so dass ein Umzug unwirtschaftlich erscheint. Für die übrigen 800 gäbe es laut Verwaltung genügend Reserven auf dem Wohnungsmarkt.
"Wenn man daran denkt, dass im letzten Jahr unser Dachverband, der Deutsche Mieterbund, von Bundesminister Wolfgang Clement als „Panikmacher“ gegeißelt worden ist, weil er die Quote der zu teuer wohnenden Hartz-IV-Haushalte auf drei Prozent geschätzt und vor 100.000 Zwangsumzügen gewarnt hatte, können diese Zahlen nur Entsetzen auslösen", meint dazu Mietervereins-Geschäftsführer Michael Wenzel.
Für unangemessen hält der Mieterverein auch, dass die Verwaltung die Umzugskosten mit nur 500 € angibt. Wenzel: "Es mag sein, dass dies für Leihwagen, Kartons und Helfer ausreicht. Völlig unbeachtet bleibt jedoch erneut die Frage der Renovierung. Es ist gar keine Seltenheit, dass Mieter bei einem Umzug die alte und die neue Wohnung renovieren müssen. Und nicht immer ist es dabei mit einem Eimer Farbe getan." Deshalb sei auch die Unwirtschaftlichkeitsgrenze mit 40 € viel zu niedrig angesetzt.
Von der Zahl 2358 ist man beim Mieterverein regelrecht schockiert. Eigene Hochrechnungen von vorläufigen Zahlen, die BA-Chef Liutger Wolterhoff im November genannt hatte, hatten eine Summe von 400 bis 450 zu teuer wohnenden Haushalten ergeben. Politiker im Sozialausschuss hatten von "Einzelfällen" in "Luxuswohnungen" gesprochen. Michael Wenzel: "Unabhängig davon, ob der Wohnungsmarkt eine so große Zahl an angemessenen Wohnungen tatsächlich zur Verfügung stellen kann: 800 Zwangsumzüge leiten unmittelbar die Gettobildung in unserer Stadt ein.
Der Mieterverein hat deshalb erneut die Oberbürgermeisterin und die Fraktionen im Rat angeschrieben und sie dringend aufgefordert, der Vorlage nicht zuzustimmen, sondern wie geplant nach gründlicher Prüfung im September zu entscheiden. Die Beschlussempfehlung der Verwaltung nannte Wenzel "unverantwortlich".
Mit freundlichen Grüßen
Aichard Hoffmann
Mieterverein Bochum e. V.
- Öffentlichkeitsarbeit -
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Fax: 0234 / 96114-74
Mail: mensch.mieter@mvbo.de
Starmail - 22. Jun, 14:12
Zum Dokumentarfilm von Martin Keßler über soziale Proteste in Deutschland gibt es nun Video-Kostproben auf seiner Homepage.
http://www.neuewut.de/f_derfilm.html
Aus: LabourNet Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
Starmail - 22. Jun, 13:48
Prekäre Bewegungen. Soziale Konflikte in Frankreich, Italien, Österreich und Dänemark
„Protestbewegungen haben in einigen Ländern Europas in den letzten Jahren vorübergehend eine große Stärke entwickelt. Sie haben viele verschiedene Gesichter. Was verbindet so unterschiedliche Protestformen wie etwa die No-global-Bewegung in Italien, die Proteste gegen die FPÖ in Österreich, die „Robin-Hood“-Aktionen in den französischen Energierversorgungsunternehmen und den Widerstand der dänischen Erwerbslosen gegen „Null-Euro-Jobs“? Die AutorInnen erläutern den Verlauf aktueller sozialer Auseinandersetzungen in vier Ländern Westeuropas aus akademischer und aktivistischer Perspektive. Was sind die länderspezifischen Hintergründe für die (brüchige) Vermittlung zwischen diesen unterschiedlichen Bewegungen ?“ Der Band dokumentiert die Beiträge, die 2004 im Rahmen der Hamburger Veranstaltungsreihe „Soziale Kämpfe in Europa“ des Büro für angenehme Lebensweisen vorgetragen wurden.
Bestellungen nimmt der GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, 20359 Hamburg, Tel. 040/43 18 88 20, Fax 43 18 88 21, gnn-hhsh@hansenet.de, und jede gute Buchhandlung entgegen (ISBN 3-938372-02-8). Preis: 6 Euro.
Auch erhältlich als pdf-Datei bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung:
http://www.rosalux.de/cms/fileadmin/rls_uploads/pdfs/PrekaereBewegungen.pdf
Aus: LabourNet Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
Starmail - 22. Jun, 13:46
„Knebelvertrag für Hamburgs Ein-Euro-Jobber setzt Grundrechte außer Kraft. Bekenntnis zur »demokratischen Staatsauffassung« verlangt. Ein-Euro-Jobber sind rechtlos. Doch auch wer keine Rechte hat, hat Pflichten - so die Philosophie der »Hamburger Arbeit« (HAB), der mit 2500 Jobbern größte Beschäftigungsträger in der Hansestadt. Am Dienstag informierten Ein-Euro-Jobber die junge Welt über erzwungene Verträge, die gleich mehrfach gegen »gute Sitten« verstoßen. Mit ihrer Unterschrift müssen die Billigjobber das Einverständnis dafür geben, daß sie die Grundlagen des Beschäftigungsverhältnisses anerkennen. Dazu gehört, daß sich der Ein-Euro-Jobber »durch sein gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung« bekennt. Dieser Radikalenerlaß für Ein-Euro-Jobber klingt wie ein schlechter Scherz. Er kann aber extreme Konsequenzen haben, denn ein Regelverstoß reicht zum Rausschmiß und damit für Kürzungen beim Arbeitslosengeld II…“
Artikel von Andreas Grünwald in junge Welt vom 16.06.2005
http://www.jungewelt.de/2005/06-16/014.php
Aus: LabourNet Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
Starmail - 22. Jun, 13:42
„Im bayerischen Weiden ist ein Ein-Euro-Jobber vor Gericht gezogen, um ein Sozialunternehmen zur Einhaltung des Sozialgesetzbuchs II zu zwingen. Außerdem hat die Dienstleistungsgewerkschaft verdi in der Oberpfalz weitere mutmaßliche Missbrauchsfälle publik gemacht. Auch in Hamburg gibt es Vorwürfe, Beschäftigungsträger verstießen im Zusammenhang mit Ein-Euro-Jobs gegen die gesetzlichen Bestimmungen…“
Artikel von Annette Jensen im evangelischen Pressedienst epd sozial 24/2005 vom 17.06.05
http://www.epd.de/sozial/sozial_index_35622.html
Aus: LabourNet Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
Starmail - 22. Jun, 13:40
Tacheles hat seine erste Version der SGB II und SGB XII Rechtsprechungsdatenbank ins Netz gestellt. Hier werden nun Tagesaktuelle Gerichtsentscheidungen veröffentlicht und in Kooperation mit Juristen redaktionell betreut.
http://www.my-sozialberatung.de/baseportal/my-sozialberatung.de/baseportal.pl?htx=/my-sozialberatung.de/entscheidungen
Aus: LabourNet Nachrichtensammlung, Band 26, Eintrag 13
Starmail - 22. Jun, 12:16