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Mrz
2004

Riesenandrang beim Reizthema Mobilfunk

05.03.2004

Traunstein: Riesenandrang beim Reizthema Mobilfunk

"Von der Politik keine Unterstützung zu erwarten" - Erste Veranstaltung der "Initiative zum Schutz vor Mobilfunk"

Traunstein. Gemessen am Besucherandrang war die erste Veranstaltung der "Traunsteiner Initiative zum Schutz vor Mobilfunk" ein voller Erfolg: Prominente Mobilfunk-Skeptiker aus Bayern und Österreich, dazu ein 300 Mann starkes Publikum, für das im "Sailer Keller" nicht einmal genügend Stehplätze vorhanden waren. "Wir freuen uns über so viel Interesse", so Ulrike Hader, die Sprecherin der vor drei Jahren gegründeten Initiative, die dem Dachverband Bürgerwelle e.V. angehört.

Passend zum Motto der Veranstaltung "Heute die Kuh - morgen du" hatten die Traunsteiner Mobilfunkgegner den Landwirt Josef Altenweger aus Schnaitsee zu sich eingeladen. Dieser sorgt seit Jahren für Schlagzeilen, da er für die häufigen Missbildungen und Frühgeburten in seinem Stall die Strahlung von nahe gelegenen Funkmasten verantwortlich macht. In ganz Bayern für Aufsehen sorgte die Rinderstudie, die über zwei Jahre hinweg auf Altenwegers Hof und 37 anderen Höfen in Bayern und Hessen durchgeführt wurde, die allerdings keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Mobilfunk-Strahlung und den Erkrankungen bei den Kühen nachweisen konnte. "Schon als die Studie durchgeführt wurde, habe ich gemerkt, dass die Politik die ganze Sache vertuschen wollte. Es sollten möglichst keine Ergebnisse an die Öffentlichkeit gelangen", sagte Altenweger. Den Politikern der großen Parteien warf er Untätigkeit vor: "Bis heute ist nichts passiert. Wenn man ins Landratsamt geht, da bekommt man keine Hilfe." Daher auch Altenwegers Appell, der Protest müsse von der Bevölkerung ausgehen - von der Politik könne man keine Unterstützung erwarten. Früher standen in Altenwegers Stall dreißig Kühe. "Ich hatte einen sehr gut geführten Betrieb", berichtete der Bauer aus Schnaitsee und verwies auf Silber- und eine Bronzemedaillen, die ihm von der Molkerei für beste Milchqualität verliehen wurde. "Als die Mobilfunksender in Betrieb gingen, haben die Probleme mit den Tieren langsam angefangen." Heute hat der einstige Vollerwerbslandwirt noch neun Kühe. "Die Tiere sind unfruchtbar, haben keinen Zyklus mehr und haben 2003 nur zwei Kälber zur Welt gebracht." Eigentlich, so Josef Altenweger, wollte er dieser Tierquälerei schon lange ein Ende setzen und die Viehwirtschaft ganz aufgeben. "Aber dann könnte ich nicht mehr zeigen, wie schädlich die Strahlung ist."

Über die Auswirkungen der Handy-Strahlen auf den Organismus von Mensch und Tier sind die Wissenschaftler freilich unterschiedlicher Ansicht. Ein herber Rückschlag für die Mobilfunkgegner ist das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofes, der Mitte Februar zu dem Ergebnis kam, Wissenschaft und Forschung hätten die Schädlichkeit von Mobilfunk-Strahlung bislang nicht nachweisen können. Mobilfunkantennen müssten daher nicht zum Schutz von Anwohnern entfernt werden, urteilten die Richter.

Anders sieht das der Sprecher der Bürgerwelle e.V., Siegfried Zwerenz aus Tirschenreuth. "Meine Damen und Herren, ich möchte einen Streit in der Wissenschaft für Sie heute Abend beenden", verkündete Zwerenz und wedelte mit einem Stapel Papier in der Luft. "Das hier sind ein paar hundert Studien, die eine Schädlichkeit festgestellt haben." Diese wissenschaftlichen Studien würden aber von den Gesetzgebern und Netzbetreibern "unter den Tisch gekehrt"; stattdessen stütze man sich auf Forschungen, die fast ausschließlich von der Industrie finanziert würden, kritisierte Zwerenz. Der Baubiologe und Naturheilpraktiker aus der Oberpfalz sprach von "Wissenschaftsbetrug" und äußerte den Vorwurf, die Bürger würden zu Versuchskaninchen degradiert.

Kommentar von Siegfried Zwerenz:
Ich habe die Fakten der Verfälschung des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes sachlich, aber sehr konsequent vorgetragen. Das Wort "Wissenschaftsbetrug" habe ich nicht gebraucht.

Einen sachlicheren Ton wählte Dr. Gerd Oberfeld von der Landessanitätsdirektion Salzburg, der einige neuere Forschungsergebnisse vorstellte. "In den letzten zwei Jahren hat sich in der Forschung einiges getan. Wir haben wissenschaftliche Belege für das, was verschiedene Bürgerinitiativen seit Jahren kolportiert haben." Die Aussage einer Studie sei, dass nicht alle Menschen gleich auf die elektromagnetischen Felder von Handys und Sendemasten reagieren, berichtete der Mediziner aus Österreich. "Das Ergebnis ist: Es gibt elektrosensible Menschen, da nur Personen auf die Strahlung reagierten, die vor dem Experiment angegeben haben, sie hätten Probleme mit Mobilfunksendern." Aus Rücksicht aus diese "elektrosensiblen" Mitbürger forderten die Veranstalter am Anfang des Abends dazu auf, alle Handys im Saal abzuschalten. "Davon hängt es ab, ob einige von uns den Abend mit Kopfweh verbringen oder nicht", sagte Ulrike Hader. Am Rande der Veranstaltung übergab der Sprecher der Mobilfunkgegner aus Seeon, Jochen Ackermann, 450 Unterschriften gegen einen weiteren Mobilfunksender an Reinhold Schopf aus Pirach, der den Mobilfunkwiderstand im Landkreis Traunstein koordiniert.

Der Mediziner Dr. Hans Christian Scheiner aus München warnte davor, Häuser und Grundstücke an die Netzbetreiber zu vermieten. Abgesehen von den möglichen gesundheitlichen Risiken würde dadurch auch der Wert von Immobilien sinken. "Die Klagen werden sich gegen diese Mitbürger richten, die ihre Dächer vermietet haben. Ganz egal ob schädlich oder nicht: Alleine das Vorhandensein eines Sendemasts mindert den Wert", äußerte Scheiner. Aber auch hier sprechen die Gerichte eine andere Sprache: Ein Mobilfunkmast auf dem Hausdach stellt keinen Mangel an Wohnungen im Haus dar, urteilte beispielsweise Mitte Januar das Landgericht Kempten.

Zur möglichen Gesundheitsbelastung durch Mobilfunk sagte Scheiner, die Gefahren seien für Kinder, Säuglinge und ungeborenes Leben im Mutterleib besonders groß. "Die aller wehrlosesten sind die ersten Mobilfunkopfer." Die Handy-Hersteller und Netzbetreiber würden 60 Prozent ihres gesamten Marktanteils bei Kindern und Jugendlichen haben, so Scheiner. "Die Industrie ist skrupellos genug, um mit ihnen ihre Profite einzufahren." no

http://www.chiemgau-online.de/lokalnachrichten/tt_text.php?id=5220


Quelle: http://www.buergerwelle.de/body_newsletter_90304.html
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